EM Darfo Boario Nachgedreht: Fehlende Strukturen und trockene Kommentare

FOTO | Dieser Sturz war noch nicht das Problem. Es folgte noch ein Folgenreicherer: Pauline Ferrand Prevot verlor Silber in der Schlussrunde ©Lynn Sigel/EGO-Promotion

 

EM-würdiges Ambiente, schnellere B-Linien und fehlende Kompetenz. Keine Katastrophen. Eine Strecke, die keine Schwächen verzeiht. Ein U23-Fahrer, der Rückschläge erleidet und ein ärztliches Bulletin. Was von der EM in Darfo Boario Terme hier noch nicht geschrieben stand. Nachgedreht.

 

Erst mal muss die Szene froh sein, dass sich Darfo Boario Terme bereit fand, die Europameisterschaften für Istanbul auszurichten. Insgesamt bot der Event durchaus eine EM-würdiges Ambiente, eine gute und lautstarke Zuschauerkulisse und allgemein-organisatorisch gab es nur Details zu kritisieren.

Dass dort noch nie ein MTB-Rennen stattgefunden hat, war allerdings zu spüren. An der Strecke musste nach den vielen Stürzen in den ersten Trainingstagen noch ziemlich nachgebessert werden. In den Nachwuchs-Rennen gab es noch dennoch ein paar Stürze mit Verletzungsfolgen. Vor allem am berüchtigten Drop „The Wall“, der nicht Wenigen zum Verhängnis wurde.

Dabei stellte sich im Laufe der Rennen heraus, dass die B-Linie praktisch genauso schnell und möglicherweise sogar Kraft sparender war. Die Juniorinnen waren am Samstagmorgen die Ersten, die über die Strecke mussten. Ronja Eibl (Gonso-Simplon) war eine von denen, die es an „The Wall“ erwischten.

Als sie am Sonntag das U23-Rennen beobachtete und sich wunderte, dass Bundestrainer Schaupp seine Kandidaten in die B-Linie schickte, meinte sie trocken: „Hätte ich besser auch mal gemacht.“

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Gravierender war aber, was beim Eliminator Sprint vor sich ging. Haarsträubend diese ominösen Baumstämme, die zu so viel Stürzen führten wie nie zuvor in einem Sprint. Zu hoch und durch das Tempo auf Asphalt zu riskant.

Die Streckenführung wurde ohne Know-How erstellt. Viel zu schnell, viel zu flüssig, viel zu kurz. So kamen keine Überholmanöver, keine Spannung zustande. Abgesehen von dem Nervenkitzel, wer im nächsten Heat zu Boden geht.

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Zu flüssig: Der Sprint-Kurs ©Max Fuchs

Da hätte es Beratung durch Experten gebraucht, genauso wie oben. Das aber ist seit jeher eine Lücke im System. Weder der Europäische Verband, noch die UCI hat eine Struktur etabliert, die sich ausreichend um Beratung und Controlling in sportfachlichen Fragen kümmert. Nicht im Vorfeld. Das passiert erst, wenn die ganzen Delegationen eingetroffen sind. Und auch da wurde im Falle der EM nicht mit der nötigen Kompetenz entschieden. Zumindest wurden die kompetenten Leute nicht gehört.

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David Horvath (Stevens MTB Racing, siehe auch unten), eines der Opfer der Strecke, meldete sich übrigens auch noch bezüglich der Hindernisse zu Wort.

„Ich finde es gut, dass sie drin waren. Das ist unser Sport. Wenn es solche Hindernisse nicht mehr gibt, dann können wir auch auf die Bahn“, so Horvath. Es hätte vielleicht vorgegebene Linien geben müssen, vor und nach den Stämmen, damit man sich nicht ins Gehege kommt. Wie bei ihm passiert.

Hindernisse jeglicher Art, das war die Mehrheits-Meinung, gehören zum Mountainbike-Sport. Gefährlich sollten sie allerdings nicht sein. Sechs Verletzte in den Heats, drei in der Qualifikation und noch ein paar im Training, das ist zu viel. Technischer Anspruch lässt sich auch anders einbauen

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Zum Sportlichen:

Lukas Flückiger (BMC Racing) war als Elfter zweitbester Schweizer, fast mag man sagen: erstaunlicherweise. „Keine Katastrophe“ sei das Resultat, im Weltcup wäre es wohl ein Top-15-Ergebnis geworden. „Aber zufrieden bin ich nicht. Ich hatte ein besseres Gefühl“, meinte Flückiger und fügte dann relativierend hinzu: „Gut, das haben die anderen vielleicht auch.“

Nach den Schweizer Meisterschaften hätte er „hart trainiert“. Anderseits aber waren „die Beine nicht schlecht.“ So richtig wusste er Rennen und Resultat nicht einzuordnen.

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„Keine Katastrophe“: Lukas Flückiger ©Andreas Dobslaff/EGO-Promotion

 

Marcel Guerrini (Focus XC) fuhr bei seiner ersten Elite-EM als Zwölfter über die Ziellinie. Das war, wie er selber fand, „das was ich machen konnte“. Er schaffte es, sich von Position 15 nach der Hälfte des Rennens noch um drei Plätze zu verbessern. Und dabei zu „leiden wie ein Schwein“ um „das Beste rauszuholen“.

Mehr noch als über seine eigene EM-Premiere freute er sich über den Sieg seines Schweizer Landsmanns und Focus-Teamgenossen Florian Vogel.

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Maxime Marotte (Cannondale Factory Racing) hatte man eigentlich zu den Favoriten gezählt. Doch der Franzose kam nur auf einem für ihn eigentlich indiskutablen 34. Platz ins Ziel. Marotte hatte im Blick auf den Weltcup in Mont Sainte Anne viel trainiert und gehofft, das besser verdaut zu haben. Ein Top-Ten-Ergebnis hatte er sich zugetraut, da hatte er sich verschätzt.

Die Strecke verzieh aber auch keine bisschen Schwäche.

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Pechvogel: Markus Schulte-Lünzum ©Max Fuchs

 

Markus Schulte-Lünzum (Focus XC) wurde gar mit zwei Runden Rückstand als 41. notiert. Der Plattfuß, den er hatte, war das eine Problem. Den weiten Weg zur nächsten Technischen Zone, den er zu Fuß zurücklegen musste, das andere. Der warf ihn aussichtslos zurück.

„Mein Ansatz war, besonnen zu starten und dann ab Runde eins Positionen gut zu machen. Das war heute die richtige Taktik und ich war super drauf.“

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Georg Egger (Lexware Mountainbike Team) hatte als 32. die Stätte einer großen Enttäuschung verlassen. Der DM-Dritte der Elite hatte nicht nur einen Reifen-Defekt weg zustecken, er vermisste auch „die Power“, um sich wieder nach vorne zu arbeiten. Warum, darüber konnte er erst einmal auch nur rätseln.

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Kein guter Tag für Georg Egger ©Max Fuchs

 

Robin Hofmann (KMC Haibike) beendete seine erste U23-EM auf Platz 37, ein Ergebnis, das er für sich so einzuordnen versuchte. „Ist schon in Ordnung, ich habe dieses Jahr noch nicht so viele internationale Rennen gefahren. Ich bin hier nicht mit übermäßigen Erwartungen rein gegangen“, erklärte Hofmann. „Ich habe mich aber auch nicht hundertprozentig gut gefühlt.“

Er verwies auf die Streckencharakteristik, die es nach der Startphase schwer machte, Positionen gut zu machen. „Ich habe immer wieder Rückschläge erlitten“, sagte Hofmann. Also Plätze, die er gewonnen hatte, durch Rutscher in den technischen Passagen wieder verloren.

Robin Hofmann und sein Teamkollege Alex Bregenzer, der nicht bei der EM am Start war, werden wohl als einzige Deutsche den U23-Weltcup in Mont Sainte Anne bestreiten. Korrektur: Jakob Hartmann und Sven Strähle von German Technology Racing treten die Reise nach Kanada ebenfalls an.

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Baumstamm-Opfer David Horvath (siehe oben), fuhr mit beträchtlichen Verletzungen nach Hause. „Bruch oder Riss im Becken, eine stark gestellte Wirbelsäule und beim Handgelenk sind sie sich nicht sicher“, ließ er auf die Frage nach der Diagnose wissen.

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Yana Belomoina konnte sich in aller Seelenruhe um ein Stück Textil kümmern. ©Max Fuchs

Kleineres Malheur zum guten Schluss: Yana Belomoina (CST Sannd American Eagle) schnappte sich auf der Zielgerade eine ukrainische Fahne, doch das Ding erwies sich als widerspenstig und verklemmte sich im Ritzel.

Das Textil ließ sich auf Anhieb auch nicht mehr entfernen. So schnappte sich die neue Europameisterin halt ihr Bike und trug es mit der blau-gelben Applikation über die Ziellinie.Zeit genug hatte sie ja, Linda Indergand (Focus XC) traf erst dreieinhalb Minuten später ein.

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