Er geht als Freund: Ralph Näf und sein „geiles“ Abschiedsrennen

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Es hängt. Am Nagel. Das Wettkampf-Bike von Ralph Näf! Der dreifache Weltmeister sagte am Samstag „Ciao“! ©Erhard Goller

Es war ein gelungener, ein angemessener, ein würdiger Abschluss einer großartigen Karriere. Der dreifache Weltmeister Ralph Näf hat sich, seinen Freunden und Wegbegleitern im heimischen Thurgau am Samstag einen schönen Farewell-Event bereitet. Sympathisch, freundschaftlich, witzig, sportiv und facettenreich. Attribute, die auch für den Protagonisten gelten. Impressionen aus einem wunderbaren Tag des Abschieds.

„Es hat alles gut geklappt. Das konnte man nicht erwarten, es war ja das erste Rennen, das wir veranstaltet haben“, resümierte Ralph Näf am Abend im prall gefüllten Feuerwehr-Haus. „Vielleicht war es auch nicht das letzte, mal schauen.“, Pause…Gelächter. „Nächstes Jahr Comeback-Rennen“, lachte Alex Moos.

Nein, schüttelt der Hauptdarsteller an diesem sonnig-warmen Tag im herbstlichen Thurgau, den Kopf. „Nein, natürlich nicht noch ein Abschiedsrennen. Für mich ist jetzt der richtige Zeitpunkt. Ich hatte ein wunderbares letztes Jahr und die drei Wünsche, die ich hatte, sind in Erfüllung gegangen.“

Einer war noch mal den Sprung aufs Weltcup-Podium zu schaffen (Platz 4 in Mont Sainte Anne), der zweite noch mal ein Schlamm-Rennen zu fahren (bei seinem Sieg in Muttenz) und der dritte einen Job als Team-Manager zu finden. Der sei auch in Erfüllung gegangen. Wo, das ließ er allerdings (noch) offen.

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Farewell-Ride im ersten Trikot: Ralph Näf ©Erhard Goller

Nicht nur die Saison, auch sein selbst organisierter Schluss-Punkt, das Ralph-Näf-Abschiedsrennen in Mattwil, rund 1,5 Kilometer von seinem Wohnort entfernt, war ein rundum gelungener Event. Ein Tag, an dem viele Facetten der Persönlichkeit Ralph Näf sichtbar wurden. Auch in einem Zusammenschnitt von Film-Material aus seiner Karriere, der nicht nur seine Rennfahrer-Qualitäten, sondern auch die als Stand-Up-Komödiant erkennen ließ.

Weg-Gefährten aus allen Zeiten und allen Lagern
Alle Weg-Gefährten, die irgendwie konnten, waren gekommen. Ob Ex-Biker wie Thomas Kalberer, (1995 in Kirchzarten Junioren-Weltmeister) oder der amtierende Weltmeister Nino Schurter, die Flückiger-Brüder, Florian Vogel, Fabian Giger, Jolanda Neff und Kathrin Stirnemann, die Nationaltrainer Bruno Diethelm und Edi Telser, U23-Fahrerin Alessandra Keller und die Juniorinnen Sina Frei, Nicole Koller und Aline Seitz, José Hermida und Rudi van Houts, alte Teamkollegen bei Multivan-Merida, reisten extra aus Spanien, respektive Holland nach Mattwil. Julian Schelb und Moritz Milatz waren zwei von mehreren deutschen Vertretern.

Der Schweizer war über viele Jahre eine Integrations-Figur in der Cross-Country-Szene. Ein fairer Sports-Mann, ein Gute-Laune-Mensch mit viel Humor, ein offener Typ, der sich auch ums Wohlergehen der Menschen um sich herum kümmerte, der Jüngere auch über die Schulter blicken ließ und Freundschaften pflegte. Zudem einer, der den Sport verkörperte, das Wilde, Freie, Spektakuläre, genauso wie die professionelle Seite. Ein Satz von Alex Moos, am Abend bei der Party mit belegter Stimme vorgetragen, brachte es noch mal auf den Punkt: „Er ist zu uns gekommen als Fahrer, aber er geht als Freund.“
Zwei Bikes bekam er zum Abschied überreicht. Ein von BMC speziell für ihn gebrandetes Bike, überreicht von Marketing-Managerin Melanie Leveau, und das Bike mit den Weltmeister-Farben (Sprint).

Warten bis es los geht, von links: Die Straßenfahrer Reto Hollenstein und Michel Albasini, Ex-Profi und Jetzt-Journalist Balz Weber, Straßen- und Bahnfahrer Stefan Küng und die Mountainbikerinnen Aline Seitz und Jolanda Neff ©Erhard Goller
Warten bis es los geht, von links: Die Straßenfahrer Reto Hollenstein und Michel Albasini, Ex-Profi und Jetzt-Journalist Balz Weber, Straßen- und Bahnfahrer Stefan Küng und die Mountainbikerinnen Aline Seitz und Jolanda Neff ©Erhard Goller

Doch es war nicht nur die Cross-Country-Familie, die sich in Mattwil die Ehre gab. Ex-Downhill-Profi Claudio Caluori erfuhr zwar erst am Abend zuvor vom Abschiedsrennen, doch ließ er es sich nicht nehmen dabei zu sein. Die Enduro-Zwillinge Anita und Carolin Gehrig waren da, Straßenfahrer wie Gregory Rast und Michael Albasini, Bahn-Europameister Stefan Küng und Cross-Spezialisten wie Simon Zahner.

Und Experten auf anderen Gebieten. Wie der Weltmeister im Orientierungslauf Daniel Hubmann, mit dem Näf im Rennen eine Paarung bildete. Oder wie Andy Baumgartner, Schweizer Moto-Cross-Meister in der Kategorie MX2, der mit Näf wiederholt um den Titel als Thurgauer Sportler des Jahres konkurrierte. Der aber auch einen Link herstellt zu den Karriere-Wurzeln des Sprint-, Marathon- und Team-Weltmeisters Ralph Näf.

Moto-Crosser, das wollte er nämlich werden – in der Familie gab es Vorbilder –, aber dazu braucht es ein Bike. Und da war das Mountainbike eine Zwischenlösung, die dann zur endgültigen wurde. „Damit kannst du trainieren, dann bist du fit, wenn du ein Motorrad bekommst, hat die Oma gesagt“, lässt Ralph Näf in diesem Zusammenhang wissen.

Fatbike, Tandem und krumme Lenker
Die stattliche Zahl von 86 Damen und Herren stand schließlich am Start des Abschieds-Rennens. Per Los-Verfahren wurden Zweier-Teams gebildet und das Kuriosum auf der Wiese begann (als Team-Sprint). Mit Perücken unterm Helm oder voll kostümiert, mit dem Freeride-Bike, dem Fatbike (Thomas Kalberer) oder auch mit krummen Lenkern, wie es Nino Schurter – teilweise – praktizierte, auf dem Tandem im Zebra-Kostüm (Jolanda Neff und Kathrin Stirnemann), begleitet und angefeuert von den obligatorischen Kuhglocken, es war ein Heidenspaß.

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Was ein Spaß: Jolanda Neff mit Sozius Kathrin Stirnemann im Zebra-Kostüm, das für Hitzewallungen sorgte. Dahinter die ehemaligen Schweizer Nationaltrainer Urs Graf und Andi Seeli. ©Erhard Goller

Rennfahrer sind halt Rennfahrer und wenn sie eine Startnummer am Lenker haben, dann wird auch reingehalten. Ein grandioses Duell sah man etwa zwischen Neff/Stirnemann und Swiss-Cup-Organisator Andi Seeli. Man wollte sich nicht lumpen lassen und pedalierte und manövrierte, sehr zur Freude des Publikums, was das Zeug hielt.

Die Wechselzone geriet zum Territorium Infernale, aber alles ging gut. Spätestens nach einer halben Stunde ging der Überblick auf verloren. Ist das jetzt die Spitze des Feldes? Oder gar der Schluss? Egal, Hauptsache der Zeitmesser behielt im Durcheinander den Überblick, denn an irgendjemand musste man ja hinterher die Pokale überreichen.

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Wechsel-Zone: Durchblick vorhanden? Mathias Flückiger und Lukas Winterberg ©Erhard Goller

Der Gastgeber wechselte jede Runde sein Trikot und marschierte so im Schnelldurchlauf durch die (Team-)Stationen seiner Karriere. Vom Fehr Veloshop in Erlen, wo Näf herkommt, über ein lokales Wheeler-Team und Kona zu Multivan-Merida. Unter Konfetti-Regen und Schampus-Dusche überquerte er die Ziellinie schließlich im BMC-Jersey.

Dann wurde unter der Regie seines Freundes Michael Albasini das Bike symbolisch an den Nagel gehängt. Kurz wehrte sich das Gefährt noch mal gegen den Ruhestand und fiel vom Haken. Ein Rücktritt vom Rücktritt? Nein, nein, an der Entscheidung gibt es nichts zu Rütteln. Der gelernte Maurer Näf, schafft mit einem größeren Nagel Abhilfe.

Der Tag des Abschieds war des Athleten und Menschen Ralph Näf angemessen. „Ein geiler Event“, nickte Jolanda Neff und es gab wohl niemanden, der ihr da widersprochen hätte.

Ach ja: es war Julian Schelb, der als Erster die Ziellinie überquerte. Er gewann im Duett mit dem zugelosten Ralf Federer, einem Biker aus der Region. Schelb bekam den Pott von seinem mehrjährigen Coach Ralph Näf überreicht. Nicht geplant, aber auch irgendwie symbolträchtig.

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Szene mit Symbol-Charakter: Pokal für Julian Schelb vom mehrjährigen Coach ©Erhard Goller

So ganz das absolute Finale war der Samstag in Mattwil dann aber doch nicht. In zwei Wochen bestreitet er mit Michael Albasini als Partner noch das Redbull Velodux, ein Cross-Rennen, das im Wechsel gefahren wird. Aber das war letztlich nur eine Frage des Terminkalenders.

Nicht obligatorisch in diesem Fall, aber weil es sie halt gibt, die Ergebnisse:
1.Julian Schelb/Ralf Federer. 2. Severin Sägesser/Joel Graf. 3. Sepp Freiburghaus/Daniel Schütz. 4. Lukas Flückiger/Alex Moos. 5. Reto Indergand/Tobias Hollenstein. 6. Florian Vogel/Roland Schätti 43:28. 7. Lars Forster/Beda Klee. 8. Nicola Rorbach/Rene Hutter. 9. Thomas Litscher/Thomas Kalberer. 10. Sönke Wenger/David Bieri. Näf und Partner Daniel Hubmann wurden 14.

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Finish im Konfetti- und Schampus-Regen: Für Ein großartiger Rennfahrer hat die Ziellinie seiner Karriere erreicht! ©Erhard Goller

Hier noch ein paar weitere Impressionen:

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Fatbike und Steinzeit-Kostüm: Thomas Kalberer ©Erhard Goller

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Ungewohntes Metier: Downhiller Claudio Caluori im Cross-Country-Modus ©Erhard Goller

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Stefan Küng, Martin Gujan im früheren Koba-Trikot, Nicola Rohrbach und Jose Hermida ©Erhard Goller
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Auch bei den Kids-Rennen gab es größere Teilnehmer-Felder. José Hermida (im Hintergrund) betätigte sich als „Schluss-Fahrzeug“ und hatte gleich am ersten kleinen Hügelchen alle Hände voll zu tun, um das Rennen am Laufen zu halten. ©Erhard Goller

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Wo ist vorne, wo ist hinten? Rudi van Houts wechselte sich in der Funktion des Führungs- und des Schluss-Fahrers mit Jose Hermida ab. ©Erhard Goller

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So kann man das auch zusammenfassen ©Erhard Goller

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