Focus Team-Manager Matthias Beck: „Wir wollen in die Top-Ten“

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Matthias Beck, Team-Manager von Focus XC

Aus Focus-MIG wurde Focus XC, drei Neuzugänge wurden vermeldet, Mitbegründer Jan Henning scheidet aus dem Team-Management aus. Team-Manager Matthias Beck äußert sich im Interview mit acrossthecountry.net zu den Entwicklungen und den hoch gesteckten Zielen, die er mit seiner Cross-Country-Equipe hat.

aCC: Matthias, das Focus XC-Team meldet für 2013 drei Neuzugänge, eine Deutsche, ein Schweizer, ein Österreicher. Welche Idee steckt dahinter?
Matthias Beck: Die Grund-Idee des Teams ist, so schnell wie möglich als UCI Elite-Team gelistet zu werden, also zu den besten 15 Teams in der Welt zu gehören. Langfristig wollen wir einen sicheren Platz unter den besten Zehn einnehmen. Helen (Grobert) und Uwe (Hochenwarter) waren geplant und Patrik (Gallati) kam noch dazu weil mich Bruno (Diethelm*) mehr oder weniger gebeten hat, weil er bei BMC nicht mehr berücksichtigt wurde. So sind wir eher zufällig zu Patrik gekommen, aber wir sehen in ihm schon Potenzial, zumal Bruno auch erklärt hat, dass er wieder auf dem richtigen Weg sei. Das ist also eine Ausnahmesituation, weil wir zu Bruno ein gutes Verhältnis haben und wir ihm damit helfen konnten.

Ihr habt euch jetzt in Focus XC Team umbenannt, das MIG für Made in Germany ist weg gefallen. Was steckt dahinter? Das war ein Wunsch von Focus. Hinter dem MIG war immer noch die starke Verbindung zu SKS. Das haben Viele einfach nicht realisiert, (dass SKS nicht mehr unser Hauptsponsor ist). Made in Germany, die Idee das zu vermarkten hat im Prinzip nicht die finanzielle Weiterentwicklung gebracht die wir als Team benötigen. Die Partner von MIG waren sich untereinander zu wenig einig darüber, dass das Team mehr Unterstützung verdient hat, als andere Geschichten. Jetzt ist es klar, dass wir das Focus XC Team sind und für Focus auch die Nummer eins.

Ihr habt als SKS-Team angefangen mit Nachwuchsleuten angefangen. Stand da von Anfang an das Ziel im Raum, das Projekt zu einem Profiteam zu entwickeln?
In den ersten Gesprächen mit Mario (Thoma) und Jan (Henning) waren schon so, dass man erst mal ein Nachwuchsteam macht und schaut, wie sich das entwickelt. Da war der Marketinggedanke von Made in Germany im Vordergrund. Wie bereits erwähnt, hat man drei Jahre lang versucht alle Partner, die richtig Made in Germany waren, näher an sich heran zu ziehen, auch Marketingkonzepte drum herum zu schnüren. Das Ganze hat allerdings nie so richtig funktioniert, warum auch immer.
Wir hatten aber von Anfang an ziemlich schnelle Fahrer. Ich komme aus dem Weltcupbereich Ski Alpin und habe nur mit Sportlern trainiert, die auch in der Lage waren im Weltcup in die Top-Ten zu fahren. Ich bin halt so strukturiert und will da auch mit den Mountainbikern hin. Deshalb war es von Anfang an mein Interesse junge Leute aufzubauen und bis ganz nach vorne zu bringen. Dass da einige durch das Raster fallen, ist klar. Aber wenn einer durchkommt, war es erfolgreich.

Mario Thoma hat euch schon vor Jahren verlassen und Jan Henning ist mit Beginn dieser Saison nicht mehr dabei. Das heißt, die Verantwortung liegt jetzt ganz auf deinen Schultern?
Jan hat sich beruflich weiter vom Thema entfernt. Er hatte sich zuletzt vor allem um die Pressearbeit gekümmert. Dafür haben wir jetzt mit Fabian Schmid einen Ersatz. Aber ich habe mit Martin Tinger, der gleichzeitig als Mechaniker tätig ist und die ganze Materiallogistik koordiniert, noch einen gleichberechtigten Gesellschafter innerhalb unserer GmbH.
Ich bin mehr der Organisator und arbeite auch immer mehr mit bei den Trainingsinhalten. Innerhalb der GmbH bin ich dann noch der Geschäftsführer. In den Jahren 2009 und 2010 hatten wir ja Bruno Diethelm als Sportlichen Leiter, aber das war leider auf Dauer nicht finanzierbar.

Welches Programm fahrt Ihr 2013 mit dem Team?
Den ganzen Weltcup. Wobei wir schon schauen, wo es bei größeren Reisen Sinn macht. Tourismus machen wir keinen (lacht).

Helen Grobert ist aus deutscher Sicht die interessanteste Personalie. Hat sie bei Euch angeklopft oder seid ihr aktiv auf sie zugegangen?
Zunächst mal war es ein Nachfragen durch ihren Trainer Frank Brückner, weil sie die Chance sah, sich bei uns weiter zu entwickeln. Sie versteht sich mit ihren Teamkollegen sehr gut. Aktuell ist sie ja auch mit Barbara Benkò in Südafrika. Ich bin ziemlich überzeugt von Helen, weil sie keine sprunghafte Entwicklung macht, sondern kleine Schritte von Jahr zu Jahr.
Man hat das Gefühl, dass das Fundament da ist. Deshalb sehen wir ein riesiges Potenzial. Die Basis in ihrem Elternhaus ist in Richtung Sport auch ganz gut. Zudem passt es natürlich auch eine junge deutsche Fahrerin im Team zu haben. Ziel wäre, dass sie 2013 im Weltcup aufs Podest fährt. Wichtig ist, dass sie sich wohl fühlt und alle an einem Strang ziehen.

Uwe Hochenwarter ist schon 26, aber noch ein Stück von der Weltspitze entfernt. Was hat euch zu seiner Verpflichtung bewogen?
Für Focus ist der österreichische Markt interessant. Wir waren noch mit einem anderen Kandidaten im Gespräch, der in der Weltrangliste ein wenig weiter vorne ist. Uwe hat sich bei uns beworben und ich habe dann mal mit seinem Trainer gesprochen. Dabei ist klar geworden, dass er noch Potenzial besitzt, zumal er bisher auch in Teams gefahren ist, wo es nicht so professionell zugegangen ist. Mit seinen Voraussetzungen ist er in der Lage in Österreich zu den besten zwei zu gehören. Die messbaren Werte dafür sind da, er muss sich mental auch dahin entwickeln.

Wie sehen die Pläne für Markus Schulte-Lünzum aus? Wechselt er in die Elite?
Markus bleibt in der U23, was Weltcup anbelangt. Alle anderen Rennen, wie die Bundesliga wird er in der Elite bestreiten.

Mit welcher Absicht?
Zum einen haben wir letztes Jahr die Ziele im U23-Weltcup nicht ganz erreicht, die wir uns vorgenommen haben. Ein Sieg fehlt noch. Und Zweiten ist es so: wenn man die Leute betrachtet, die vorzeitig zur Elite gewechselt

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Markus Schulte-Lünzum: Tragende Figur im Focus XC-Team ©Thomas Weschta/EGO-Promotion

sind, hat das unterm Strich kaum etwas gebracht. Ich halte es für die Entwicklung nicht unbedingt für notwendig, dass man früher aufsteigt. Ich bin überzeugt davon, dass Siege und Podestplatzierungen wichtig sind, um Selbstvertrauen aufzubauen. In der Elite kann man noch lange genug herumkurven.

Markus ist im Moment die klare Nummer eins unter den deutschen Nachwuchsfahrern und einer, dem man zutraut den Sprung ins Profilager zu schaffen. Heißt das, ihr werdet versuchen ihn über dieses Jahr hinaus zu halten?
Ja, das ist schon das primäre Ziel. Das Team Markus, Uwe, Patrik, das könnte schon längerfristig Bestand haben. Dann noch zwei Frauen dazu, das wäre eine runde Geschichte. Plus ein weiterer Fahrer. Fünf bis sechs Leute, größer sollte das Team nicht sein. Das lässt sich gut handeln, mehr ist schwierig. Nur zwei oder drei, das wollen wir aber auch nicht, denn wir setzen auch auf die Gruppendynamik.

Das heißt, du setzt auch auf Gruppendynamik?
Ja, schon. Aber das hängt natürlich auch vom Budget ab, was du machen kannst. Focus will sich international aufstellen. Wir haben fünf Nationen, von daher entsprechen wir diesem Anspruch. In diese Richtung soll es von Focus aus weitergehen. Aber wie gesagt, es ist abhängig vom Geld. Wenn wir Markus halten wollen, müssen die Wege geöffnet dahingehend werden. Wir wollen ihn halten, das ist klar. Er ist schon eine Leitfigur bei uns. Ich bin überzeugt, dass er dem gerecht wird. Wenn ich sehe, was er in diesem Winter an Leistung abrufen kann, aus dem Training heraus U23-Crossmeister zu werden. Da steckt schon mehr dahinter.

Wenzel Böhm-Gräber hatte eine verkorkste Saison. Wie schätzt du seine Möglichkeiten ein?
Er hatte ein Schilddrüsenproblem, aber das hängt wohl alles mit der Gesamtbelastung zusammen. Ich habe ihn schon früher gewarnt. Jedes Jahr aus einer vollen Mountainbike-Saison mit einer Woche Pause in die Cross-Saison gehen, und Ende Winter wieder das gleiche umgekehrt, das ist einfach zu viel. Dann kommt die schulische Belastung dazu.
Ich hoffe, dass sich der Kopf – und der braucht meist etwas länger als der Körper – wieder erholt hat und er sich mit voller Motivation wieder rein beißt. Ich sehe bei ihm schon Potenzial, vor allem im Eliminator Sprint. Diesen Winter hat er die Cross-Saison rechtzeitig beendet, bzw. gar nicht voll gefahren. Diese Saison ist schon entscheidend für ihn. Er soll seinen Typ nicht verändern, das macht ihn auch stark, aber er muss sich eine Grundstruktur zulegen.

Julie Krasniak hat ein kurzes Gastspiel bei euch gegeben. Sie fährt jetzt für das Rapha-Focus-Team Cross-Rennen.
Das war mehr eine Art Good-Will-Aktion und nur für ein halbes Jahr ausgelegt. Hätte sie sich für die WM qualifiziert, dann wäre sie da natürlich auch noch unterstützt worden. Aber ab Sommer hat sie sich auf die Cross-Saison vorbereitet. Erfolgreich, wie ich finde. Im zweiten Jahr Cross Top-15-Ergebnisse zu fahren ist doch schon ganz gut. Sie lebt jetzt in den USA, das war für uns kein Thema mehr.

Mit Shlomi Haimy fährt auch ein Israeli für euch. Das ist ungewöhnlich.
Shlomi Haimy kam über Kontakte von Focus Israel zu uns ins Team. Voraussichtlich ist das sein letztes MTB Jahr als Halbprofi. Leider wird er aus Israel zu wenig unterstützt, um sein Ziel Olympia erreichen zu können, deshalb will er jetzt die Saison 2013 noch gut für unser Team fahren, um dann rechtzeitig die Weichen zu stellen, für sich berufliche Chancen, die eventuell daraus entstehen, zu nutzen.

Matthias Beck, Jahrgang 1963, kommt aus dem Gunzesrieder Tal im Allgäu, lebt in Unterjoch, war alpiner Skirennfahrer, B-Kadermitglied und hatte einige Weltcup-Einsätze. Nach einem Trainer-Studium war er von 1991 bis 1997 als Bundestrainer Ski tätig, danach Trainingswissenschaftler am Olympiastützpunkt in Bayern. Seit 2001 ist er selbstständig tätig im Bereich Nahrungsergänzung.

*Bruno Diethelm ist seit vergangenen Sommer Schweizer Nationaltrainer. Er war von 2009 bis 2010 beim SKS-MIG-Team als Sportlicher Leiter tätig, ist oder war aber auch persönlicher Coach von mehreren Weltklassebikern wie Christoph Sauser und Florian Vogel.

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