Interview: Robert Mennen und die Antwort auf die Frage, was kommt da noch?

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Winken zum Abschied: Robert Mennen sagt zum Ende der Saison ‚Good bye‘ zum Leben als MTB-Profi. Hier beim Cape Epic, als er mit Kristian Hynek seinen vielleicht größten Karriere-Erfolg feierte ©Shaun Roy/Sportzpics

Er hat schon vor zwei Jahren darüber nachgedacht, dann aber doch weiter gemacht. Jetzt steht für Robert Mennen fest: Nach dieser Saison ist für den 30-jährigen Marathon-Spezialisten Schluss mit dem Profi-Dasein. Mit ihm geht Einer, der alle großen Etappen-Rennen gewinnen konnte. Im Interview erklärt Mennen seinen Entschluss und lässt sieben Jahre im Team Topeak-Ergon Revue passieren und verrät, welche Menschen ihm während seiner Sport-Karriere am meisten geholfen haben.

Robert, Du hast Dich entschieden mit Ende dieser Saison Deine Profi-Karriere zu beenden. Was sind die Gründe dafür?
Ja, ich habe mich entschlossen, mich meiner beruflichen Karriere zu widmen. Je länger man mit dem Berufseinstieg wartet, desto schwieriger wird es. Ich habe 2014 das Cape Epic gewonnen. Bei der WM war Achter mein bisher bestes Resultat. Von der sportlichen Perspektive her, habe ich mich gefragt: was kommt da noch? Und dann festgestellt, dass die Chance mich noch zu steigern, gering ist. Das Risiko, dass ich später dafür bezahle, wenn ich weiter mit dem Berufseinstieg warte, ist im Gegensatz zu hoch.

Du hast die Überlegung vor zwei Jahren auch schon mal angestellt.

Ja. Aber da war es so, dass ich einfach noch so viel Spaß am Rad fahren hatte und mich selber noch gefragt habe, was geht da noch, wenn die Belastung durch das Studium wegfällt. Ich meine, Spaß am Rad fahren habe ich immer noch, aber ich muss da nicht unbedingt Profi-Mountainbiker sein. Ich glaube, ich kann das auch haben, wenn ich nur noch hobbymäßig fahre. Da ich jetzt auch schon Dreißig bin, wird es höchste Zeit, dass ich den Berufseinstieg finde.

Dreißig ist ein Argument, gewissermaßen eine magische Grenze. Obwohl die Leute scheinbar immer später aufhören. Hat auch eine Rolle gespielt, dass Du nach dem Cape-Epic-Sieg (mit Kristian Hynek) 2014 im Team in die zweite Reihe befördert wurdest und stattdessen die Paarung Alban Lakata/Kristian Hynek bevorzugt wurde?
Die Gedanken ans Aufhören habe ich mir ja schon vor unserem Cape-Epic-Sieg gemacht. Aber ich muss zugeben, dass mir die Situation im Team die Entscheidung etwas leichter macht. Ich hatte mir schon ein bisschen mehr erwartet. Teilweise hat mir auch die Art, wie das gehandhabt wurde, nicht so gefallen. Sicherlich war das nicht so motivierend im B-Team zu fahren. Es war ein komisches Gefühl, in den Rennen im Back-Up-Team unterwegs zu sein, wo man sich dann fragt, ‚sch..’, da bist vor einem Jahr selber noch auf dem Podium gestanden. Sich zu quälen, mit dem Hintergrund den anderen zu helfen.
Das war für mich eine schwierige Situation. Wenn ich das selber noch nicht gewonnen hätte, wäre mir die Rolle sicherlich leichter gefallen. Aber ich sah keinen Grund, warum ich nicht mehr an meine Leistungen aus den Vorjahren anknüpfen können sollte.

Du redest vom Cape Epic..
…generell die Etappen-Rennen. Das Cape Epic haben wir lange diskutiert. Man muss eine Lösung finden und ich habe sie letztlich auch mitgetragen. Bloß, dass ich bei der Transalp oder das Swiss Epic nicht noch mal die Chance bekommen habe wie letztes Jahr, das macht es mir dann leichter zu sagen, okay, ich mach’ was anderes. Sicherlich muss man auch sagen, dass es in der zweiten Saisonhälfte bei mir nicht mehr so gut lief. Ich habe mir selber Druck gemacht, wollte durch Leistung antworten. Nachdem ich für die Transalp (für das A-Team) nicht nominiert wurde, habe ich mir andere Ziele gesucht. Daher habe ich die WM in den Fokus genommen. Aber weil das so kurzfristig war, ist das auch nicht mehr richtig aufgegangen. Das war halt der Punkt auf dem i! Aber es ist nicht der Hauptkriterium. Sonst hätte ich ja auch bei einem anderen Team anfragen können.

Wenn Du auf Deine Karriere zurückblickst…
…da habe ich sicher von dem Mehr-Tages-Rennen, die man als Zweierteam fährt, profitiert. Auch wenn ich da mehr im Schatten von Alban oder Kristian gestanden habe. Aber es gehören halt zwei dazu. Bei Eintagesrennen konnte ich meine Leistung nicht so umsetzen. Sicher waren da auch Erfolge dabei, wie der Deutsche Meister-Titel 2013 oder der vierte Platz bei der EM in diesem Jahr. Aber am besten waren die Etappen-Rennen. Ich konnte mir die immer gut einteilen und über mich hinaus wachsen.

Die Nummer Zwei, die Nummer Drei im Team, aber trotzdem immens erfolgreich. Es gibt nur ganz wenige Marathon-Biker, der fünf verschiedene Etappen-Rennen für sich entscheiden konnte.  Und das alles binnen fünf Jahren Marathon-Karriere.

Die erste Karriere-Hälfte warst Du Cross-Country-Fahrer. Hast Du dort das Maximum herausgeholt?
Ja, ich denke, da habe ich das Maximum herausgeholt und das Limit für mich erkannt. Wenn ich nicht zum Marathon gewechselt wäre, dann wäre ich nicht so lange Profi gewesen. Ich habe schon gemerkt, dass ich im Cross-Country viel früher stagniert habe. Dafür fehlte mir die absolute Spritzigkeit, die absolute Kraft. Und andererseits, wo die Strecken technisch so anspruchsvoll geworden sind, habe ich auch immer ein paar Sekunden liegen lassen. Das summiert sich einfach, bei der heutigen Leistungsdichte darf man sich das gar nicht mehr erlauben.

Heute scheint der Wechsel vom Cross-Country in die Marathon-Disziplin etwas schwieriger zu sein.
Ich habe damals den Einstieg durch die WM (2010) in Montebelluna gefunden. Das war vom Profil her ein Cross-Country-Kurs, das kam mir entgegen. Bei der Marathon WM war mein Rückstand auf den Sieger nach über vier Stunden geringer als bei der Cross-Country WM nach 90min, sicherlich auch bedingt durch den Stau während der Cross-Country Rennen am Anfang. Das war die Initialzündung für den Umstieg. Die Konstellation im Team war natürlich auch günstig. Wir hatten ja beides, die Cross-Country- wie die Marathon-Sparte und man suchte einen Partner für Alban.
Es war natürlich auch Gold wert, dass ich von seinem Erfahrungs-Schatz profitieren konnte. Alban ging immer sehr analytisch heran und hat sein Wissen auch weitergegeben. Wenn man sich das alles selber erarbeiten muss, per Trial and Error, dann kommt halt öfter mal Error. Das ist im Cross-Country auch so. Ich habe ja 2009 auch noch mal einen großen Sprung gemacht, als mir Wolfram Kurschat damals mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat. Ich finde das deshalb auch schade, dass nur wenige Teams Nachwuchs-Fahrer haben.

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U23-DM in Gerstetten 2007: Robert Mennen gewinnt Silber hinter René Tann und vor Andi Weinhold ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

Zufrieden mit der Karriere?
Hannes Genze hat zu mir einmal gesagt: Als er mich 2003 bei der WM in Lugano erlebt hat, habe er gedacht, okay so ein mittelmäßiger Junior, der wird’s nicht zu den Profis schaffen. Er sei erstaunt, dass ich es doch geschafft habe (lacht). Es war auf jeden Fall eine tolle Zeit, man ist viel herum gekommen. Ich bin gespannt, ob ich nächstes Jahr mal da sitze und mich frage: Junge, was hast du da aufgegeben? (lacht).

Was nimmst Du mit aus dem Sport?
Auf jeden Fall, dass man abseits von der Konkurrenz in den Rennen freundschaftlich miteinander umgeht und sich respektiert. Ich kenne wenige Sportarten, wo nach dem Wettkampf so kollegial miteinander umgegangen wird. Es ist ja super, wenn man sich zum Beispiel anschaut wie sich unsere Mechaniker gegenseitig helfen. Oder auch damals als uns beim Cape Epic Markus Kaufmann und Jochen Käß unterstützt haben. Das kennt man von anderen Sportarten nicht unbedingt. Was man darüber hinaus noch alles gelernt hat, das wird man vielleicht erst später feststellen.

Und was waren für Dich die sportlichen Highlights in Deiner Karriere?
Sicherlich der Cape-Epic-Sieg 2014. Vor allem mit der Vorgeschichte aus dem Jahr davor, als mich die Antilope aus dem Rennen befördert hat. Die meisten Leute kennen mich eher aus der Geschichte mit der Antilope anstatt dem Sieg. Von den Emotionen her, war das 2014 krass. Bis zum Schluss kann man sich da nicht sicher sein. Ich weiß noch, wie ich zehn Kilometer vor dem Ziel dachte: wenn wir jetzt einen Defekt haben, schaffen wir das laufenderweise? Nein. Fünf Kilometer später: es könnte immer noch eng werden. Christoph Sauser kam dann zwei Kilometer vor dem Ziel an und gratulierte. Da wusste ich, jetzt haben wir es in der Tasche. Schönes Ding (lacht).

Und sonst?
Der Deutsche Meistertitel 2013. Es ist was Besonderes, wenn man ein Trikot präsentieren darf. Es war immer mein Ziel, mal einen Titel zu gewinnen. Und ich bin immer noch froh, dass ich mir die Kringel da an den Ärmel machen darf. Auch weil es mit mein größter Erfolg bei einem Ein-Tages-Rennen war. Dreimal war ich bei einer WM in den Top Zwölf, einmal Achter. Aber es ist halt im Vergleich immer schön, wenn man gewinnt.

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Auch ein Grund zum Jubeln: Robert Mennen wird 2013 in Münsingen Deutscher Meister ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion


Welche Menschen waren wichtig für Deine Karriere?

Auf jeden Fall die Familie. Darüber hinaus Wolfram Kurschat, der sich auch dafür eingesetzt hat, dass ich bei Topeak-Ergon einen Vertrag bekommen habe. Und wie auch schon gesagt: Alban Lakata. Von beiden habe ich viel gelernt. Während meiner ganzen Zeit als Profi natürlich auch unser Team-Manager Dirk Juckwer. Der war immer für mich da, verständnisvoll und es gab nie Druck. Bis zuletzt habe ich mich im Team sehr wohl gefühlt. Mir wird die Zeit in unserem Team und mit den anderen fehlen. Auch die Zusammenarbeit mit Canyon, die sehr auf uns gehört haben. Das neue Hardtail zum Beispiel, es ist schön zu sehen, dass da auch ein Teil von mir mit drin ist. An dieser Stelle vielen Dank an Alle, die mich während meiner Karriere unterstützt haben!

Gibt es bei Dir Überlegungen zu einer Trainer-Tätigkeit?
Nein, Trainer nicht. Das einzige ist, dass ich was in der Rad-Branche mit meinem Studium verknüpfe. Es ist ja nicht so, dass ich keine Lust mehr auf Mountainbiken oder die Radsport-Szene habe, ich will auch nicht komplett raus. Wenn es die Zeit hergibt, könnte es schon sein, dass ich das eine oder andere Rennen fahre. Aber das ist zu früh, da was Genaues zu sagen.

Du hast parallel zu Deiner MTB-Karriere studiert. Von wann bis wann?
Von 2005 bis 2009 habe ich den Bachelor in BWL an der RWTH Aachen gemacht und dann von 2009 bis 2013 den Master an der Fern-Uni in Hagen. Das Fernstudium hat sich besser mit dem Sport vereinbaren lassen.

Und wie geht’s jetzt weiter?
Ich habe noch Bewerbungs-Gespräche. Aber es könnte sehr gut sein, dass ich der Rad-Branche erhalten bleibe. Es sieht zumindest ganz gut aus, dass ich einen Berufseinstieg finde. Dadurch, dass ich zuerst Cross-Country gefahren bin, war ich in der Sporthilfe und da gab es ein Programm „Sprungbrett Zukunft“, wo die sportlichen Aktivitäten besonders berücksichtigt werden. Für mich endet das Programm am Ende des Jahres. Es hat sich zwar bis jetzt zwar noch nicht so erfolgreich herausgestellt, aber das war auch ein Anreiz zu sagen, das probiere ich noch zu nutzen.

In welchen Rennen wird man Dich noch erleben?
Ornans und Roc d’Azur. Ich hoffe, dass mein Abschluss in der Sonne stattfinden (lacht).

Kurz-Profil Robert Mennen
Geburtstag: 05.04.1985
Wohnort: Engelskirchen
Wichtigste Erfolge: Deutscher Marathon-Meister 2013, 2. Marathon-DM 20112, 3. DM Cross-Country 2011 und 2012, 4 Marathon-EM 2015, 8. Marathon-WM 2013, 9. Marathon-WM 2010, Siege beim Cape Epic (2014), Transalp (2013), Trans-Schwarzwald (2013), Andalusia Bike Race (2013) und Trans-Zollernalb (2011)

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