Julian Schelb im Interview: Als Profi beginnt alles von vorn

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2014 als Neo-Profi unterwegs: Julian Schelb ©Marius Maasewerd/EGO-Promotion

Das Multivan-Merida Biking Team hat am vergangen Freitag Julian Schelb als Neuzugang gemeldet. Das knapp 21-Jährige Talent hat eine Entwicklung hinter sich, die bei WM-Silber in der U23-Kategorie ihren vorläufigen Höhepunkt gefunden hat. Im Interview bekennt er sich zu Fehlern, die er gemacht hat, verrät wer großen Anteil seiner Medaille hat, dass er Respekt hat vor den neuen Dimensionen, die jetzt im neuen Team auf ihn zukommen und ob er Olympia 2016 schon im Visier hat. .

ACC:Julian, so richtig rasant ging es nicht vorwärts mit deiner Karriere. Du musstest nach Bronze bei er Junioren-WM 2010 eine Weile warten bis zu einem richtig großen zählbaren Erfolg. In Houffalize 2012 warst du Dritter im U23-Weltcup, aber danach kamen die großen Ergebnisse erst einmal nicht mehr.
JULIAN SCHELB: Nee. Letztes Jahr war ich zur WM stark. Vor der WM bin ich im Bundesliga-Rennen in Saalhausen in der Elite vorne mitgefahren und in Saalfelden war ich ja mit Cink (Ondrej Cink, der dann U23-Weltmeister wurde) schon vorne weg. Da habe ich mich auch ganz gut gefühlt, aber da war ich wohl noch nicht so weit und hatte dann die zwei Defekte. Aber ich denke, dass ich dieses Jahr einige Fehler nicht mehr gemacht habe, auch was die Plattfüße angeht. Ich bin sicherer gefahren, habe mehr auf das Material geschaut.

Wenn du sagst, da warst du noch nicht so weit, an was denkst du da?
Mental war ich noch nicht so weit. Ich bin ohne Rücksicht auf Verlust bergab gefahren. Ich habe mich dieses Jahr sicherer gefühlt auf dem Bike.

Woher kam das?
Ich habe einfach viel mehr Zeit auf dem Bike verbracht als früher. Schon im Winter-Trainingslager in Südafrika war ich viel auf dem Mountainbike. Ich habe schon das Gefühl, dass es mir was bringt. Auch wenn man das Straßentraining auf dem Bike macht, auf der gleichen Position. Da fühlt man sich wohler auf dem Bike.

Spielt bei dieser anderen Gewichtung dein Trainer Ralph Näf eine Rolle?
Ja. Im Sommer, als ich bei ihm war, da sind wir viel mit dem Bike auf Slicks gefahren. Er hat auch immer neue Ideen, die wir ausprobieren. Es ist noch nicht so viel nach hinten los gegangen (lacht).

Ideen für euch beide?
Ja.

Zu viel „rumgedümpelt“

 

Dass du im Sommer teilweise in seiner Nähe in der Schweiz gewohnt hast, wie kam es dazu?
Ich war von Januar bis Anfang Mai viermal krank, zweimal mit Magen-Darm-Infekt, wo ich Antibiotika nehmen musste. Es lief einfach nicht. Aus Südafrika (im Winter) bin ich mit einer Mords Form heimgekommen, aber die ersten Rennen waren dann schon wieder nichts.

Weil du krank warst?
Ja, vielleicht auch. Aber auch weil ich alleine daheim rumgedümpelt bin.

Was meinst du damit?
Ich habe ja nichts gemacht außer Radfahren. Bin halt viel in der WG rumgesessen, hatte keinen so strukturierten Tagesablauf, da war einfach nicht der nötige Zug dahinter. Ralph hat dann gemeint, ich soll doch zu ihm kommen, ich könnte bei seinen Eltern ein Zimmer haben und nebenher arbeiten in der Schweiz. Wir waren beide der Meinung, dass wenn ich mit ihm zusammen bin, dann läuft es, aber wenn ich zuhause bin ist da irgendwas.

Und du? Hast du auch das Gefühl gehabt, dass das so ist?
Schon (lacht). Am Anfang habe ich ein wenig gebraucht bis ich in Schwung kam, aber dann sind wir beide in Form gekommen. Ralph eben auch nach seiner Verletzung. Wir haben uns dann schon gegenseitig gezogen und es hat zusammen einfach auch richtig Spaß gemacht, so konnten wir uns auch mehr quälen. Die WM-Vorbereitung war Eins-A, hätte ich mir nicht besser vorstellen können.

Es kam dann auch ein Erfolgserlebnis nach dem anderen, auch die beiden Siege bei den Straßenrennen…
..beim BMC Racing Cup in Davos (3.) hat es im Prinzip angefangen, dass es läuft.

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Podium in Davos mit dem künftigen Teamkollegen José Hermida (links) und mit Florian Vogel. Unter anderen hat Schelb in diesem Rennen auch seinen Coach Ralph Näf hinter sich gelassen. ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

War es auch das, was in den vergangenen beiden Jahren gefehlt hat? Dass es mal eine längere Phase gut gelaufen ist? Weil immer wieder Rückschläge kamen?
Es sind nie drei Rennen am Stück gut gelaufen, das stimmt. Es waren vielleicht ein, zwei gute Rennen und dann kam wieder was dazwischen. Dann musste ich mich wieder zusammenreißen. Auch dieses Jahr war das am Anfang so. Ich hatte gute Form und dann war wieder was. Zum Beispiel Solothurn (Anfang Mai), wo ich vorne mitfahren konnte, dann aber raus musste. Da habe ich dann den Magen-Darm-Infekt bekommen.

Hättest du das früher checken lassen müssen? Ich glaube nicht, dass es geholfen hätte, wenn ich eine halbe Woche früher zum Arzt gegangen wäre. Das Problem war, dass hinterher die zwei ersten Weltcups kamen.

Dein Saisonziel war sicher die WM. Hast du irgendwann mal angefangen zu zweifeln, ob das noch hinhaut?
Eigentlich wollte ich den Fokus mehr auf die Weltcups legen. Eine gute Saison fahren und dann eine starke WM dranhängen, aber nach den ersten zwei Weltcups Mitte der Saison hatte ich schon Zweifel, weil ja der Vertrag auch auslief. Ich wollte eine gute, eine konstante Saison fahren. Da habe ich mir schon Gedanken gemacht ob das wohl reicht mit einem guten WM-Rennen. Aber dann kamen von Davos weg noch einige gute Rennen. Die Weltcups in Andorra und in Mont Sainte Anne. Als dann das erste Rennen gut lief, habe ich wieder an mich geglaubt.

Du bist jetzt bei Multivan-Merida untergekommen. War das vor der Saison ein konkretes Ziel so gut zu fahren, dass du für ein Profi-Team interessant sein könntest?
Das war definitiv mein Ziel. An was für ein Team, darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht. Ich wusste, dass ich mit Ralph einen guten Mann an meiner Seite habe, dass ich erst mal nur gute Rennen fahren muss und sich der Rest dann ergibt.

Schweineschnitzel? Nein danke!

 

Ein guter Mann, auch im Sinne von Kontakten und so weiter?
Ralph ist ein echter Glücksfall für mich. Von ihm kann ich einfach in jeder Hinsicht noch sehr viel lernen, er hat viele Kontakte und das Feingefühl für so was. Für eine Vertragsgestaltung und solche Sachen. Auch nach dem Tod meines Vaters Mitte Juni ist er eine wichtige Anlaufstelle geworden.

Schon vor zwei Jahren, als du mit ihm begonnen hast, da schien jemand einen Schalter bei dir umgelegt zu haben. Aber es hat wohl das erste Jahr  noch gebraucht, bis es sich eingespielt hat?
Im Wintertraining haben wir uns noch nicht so wirklich gekannt. Als wir dann Anfang letzte Saison zwei Wochen zusammen in Südafrika waren, haben wir uns kennen gelernt. Aber dann braucht es Zeit bis man alle Situationen durchgespielt hat. Ich denke nicht, dass es sofort perfekt klappt, wenn man auf diesem Niveau den Trainer wechselt.

Ralph meinte, dass du in den letzten paar Monaten mental noch einmal einen großen Schritt gemacht hättest. Was meint er damit?
Hat er das gesagt? Weiß nicht genau, worauf er das bezieht. Ich war auch mal bei einem Mentaltrainer, aber so richtig weiß ich nicht, was er damit meint.

Du hattest ja bei der WM nach 300 Metern unverschuldet diesen kapitalen Sturz. Dass du dann von der letzten Position aus noch so konzentriert zu Silber gefahren bist, das war der Anlass für seine Einschätzung.
Ich bin schon viel fokussierter geworden, das stimmt. In vielen Bereichen, zum Beispiel auch mit der Ernährung. Vor der WM wollte meine Mutter mir ein Schweineschnitzel machen und ich habe gesagt, nein, nur Pute. Da war sie ganz erstaunt, das hätte sie von mir nicht erwartet (lacht). Auch um das Material kümmere ich mich mehr, da war ich schon ein Schluri. Jetzt weiß ich besser was ich will und auf was es ankommt.

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Start der U23 Herren: Julian Schelb kracht in den Zaun, dahinter Martin Gluth, der dadurch gestoppt wird. Am Boden verdeckt: der Auslöser Hugo Drechou. . ©Michal Cerveny

Warst du bisher ein schlampiges Genie?
Vielleicht schon. Mein langjähriger  Lexware-Rothaus Teamkollege Markus Bauer, der achtet auf alles ganz genau. Wenn er das nicht macht, dann läuft es auch nicht. Bei mir ging das eine oder andere Rennen auch so, weil ich eben Talent habe. In diesen Leistungsregionen geht es halt auch nicht mehr unstrukturiert zu sein. Man muss nicht nur trainieren, sondern auch sonst seriös leben.

Du hast dich dafür entschieden erst einmal keine zusätzlichen beruflichen Ambitionen zu verfolgen, wenn man mal von der Arbeit im Bikeshop in der Schweiz absieht. Ist das weiter der Plan?
Momentan schon, ja. Mitte der Saison habe ich mir überlegt, ob ich Studieren gehe und zweigleisig fahre. Ich habe mich auch beworben in Furtwangen, wo Martin (Gluth) und Markus (Bauer) studieren. Ich hatte eine Zusage, aber als Teams angefragt haben, da habe ich neu überlegt. Ich habe das mit Ralph und mit meiner Familie besprochen. Es war eine schwierige Entscheidung, aber ich habe das ganze Jahr davon geträumt, als Profi zu leben. Trainingslager, unterwegs sein und so weiter. Wenn ich in Furtwangen studiere, dann geht das nicht. Dann kannst du zu den Wettkämpfen, musst aber dort trainieren. Das war nicht meine Vorstellung vom Profi-Leben.

Was ist denn deine Vorstellung von einem Profi-Leben?
Nicht an einen Ort gebunden zu sein. Und neben dem Sport keine anderen Verpflichtungen zu haben.

Du hast bei Multivan-Merida unterschrieben und wirst auch 2014 noch U23 fahren. Wart ihr euch da einig?
Ja. Andi Rottler (Teamchef Multivan-Merida) hat mich gefragt, was ich mir vorstelle. Ich dachte schon, dass Multivan-Merida möchte, dass ich Elite fahre. Aber wenn ich die Gelegenheit habe noch mal ein Jahr U23-Weltcups zu fahren, dann will ich das auch wahrnehmen. In der Bundesliga und im BMC Racing Cup kann ich ja Elite fahren.

U23 fahren – von der Elite lernen

 

Was willst du im U23-Weltcup dann erreichen?
Ich will versuchen eine konstante Saison zu fahren, zumindest Top drei im Gesamt-Weltcup. Auf jeden Fall einen Sieg oder Siege.

Multivan-Merida Teamchef Andi Rottler meinte, das Team wären ja mit vier Fahrern gut aufgestellt in der Elite. Da wäre ihm ein erfolgreicher Fahrer in einer weiteren Kategorie lieber.
Wie gesagt, das hat mich überrascht. Ich wollte U23 fahren und deshalb kam mir das entgegen. Wenn du der fünfte Fahrer bist in so einem Team, bekommst du auch nicht die Aufmerksamkeit. So ist es besser, für das Team und für mich.

Multivan-Merida, das kennst du bisher von der Außenansicht. Was erwartest du dir denn von diesem Team?
Ich denke, es ist ziemlich familiär. Die Physios und die Mechaniker kenne ich, auch durch Ralph (war bis 2012 dort unter Vertrag). Von Multivan-Merida wird man unterstützt, auch wenn man alleine irgendwo ein Rennen fahren will. Das ist alles sehr professionell.

In der Außenwirkung spielt José Hermida eine große Rolle.
Er ist ein guter Freund von Ralph. Wir haben auch schon zusammen in der Schweiz trainiert.

Ihm sagt man auch nach, dass er sich um die jüngeren Fahrer kümmert.
Er versucht immer ein gutes Team zusammen zu schweißen, das bekommt man von außen schon mit. Er sieht nicht nur seinen Erfolg, sondern auch dass es ein cooles Team ist und dass man Spaß hat. Ich denke, das ist ganz wichtig.

Du bist ein sehr ruhiger Typ, José ein extrovertierter Mensch. Denkst du, dass du von ihm auch da ein wenig lernen kannst?
Das wäre der Optimal-Fall. Aber am Ende ist jeder ein eigener Typ und komplett kann man sich nicht ändern. Ein paar Sachen werde ich schon von ihm lernen können. Er ist ja von seinem Naturell ähnlich wie Ralph. Mit Rudi van Houts war ich auch schon zweimal im Trainingslager, da freue ich mich schon drauf, mit denen im Team zu sein.

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Julian Schelb: Mit dem Profi-Status fängt alles von vorne an ©Marius Maasewerd/EGO-Promotion

Im Februar gibt es bei Multivan-Merida auf Mallorca traditionell das große Pressecamp. Das sind andere Dimensionen als du bisher kennst.
(Lacht). Ja, da habe ich schon Respekt davor. Wenn man sich die Videos im Internet anschaut, kriegt man das ein wenig mit. Ich bin mal gespannt, wie das so abläuft.

Da kommen andere Aufgaben auf dich zu. Besonders weil du dann der einzige Deutsche im deutschen Team bist.
Ich freue mich auf die neue Herausforderung und die damit verbundenen Aufgaben.

Mit dem ersten Profi-Vertrag fängt ein neues Kapitel an.
Ja, kann man fast so sagen. Jetzt muss ich mir alles neu erarbeiten. Aber es ist ja schön, wenn man gefordert wird. Die Situation ist Eins-A.

Du hast neun Jahre nach Manuel Fumic im U23-Bereich wieder eine Medaille für die den BDR geholt. Dazu gab es den Weltcup-Gesamtsieg von Markus Schulte-Lünzum. Hast du in den vergangenen Jahren wahrgenommen, dass Ihr Deutschen international aufholt?

Ja, das nimmt man schon wahr. Vor drei Jahren, ich erinnere mich speziell an die WM 2010 in Kanada, da war Marcel (Fleschhut) 15. im U23-Rennen. Da sind wir alle neben Strecke schier ausgerastet, weil das schon ein Erfolg war. Am Ende wurde er 20. und das war immer noch okay. Und jetzt haben wir drei in den Top-Ten. Es ist auch gut, wenn der Erfolgsdruck nicht nur auf einem lastet. Man hört auch von den Schweizern, ‚au’ auf die Deutschen müssen wir aufpassen. Da ist man stolz, wenn man da einer davon ist. Beim neuen Bundestrainer ist man auch gerne in der Nationalmannschaft.

Warum?
Speedy (Peter Schaupp) hat Spaß rein gebracht. Man geht lieber auf die Lehrgänge und wenn der BDR einen Wettkampf übernommen hat, dann ist man dieses Jahr gern hingegangen. Man hat auch richtig Lust drauf, weil die Stimmung so gut ist. Wir haben uns auch gegenseitig mehr unterstützt.

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Mehr Spaß, mehr Teamgeist bei der Nationalmannschaft: Julian Schelb mit der Schweizer U23-Weltmeisterin Jolanda Neff beim Anfeuern von Manuel Fumic ©Marius Maasewerd/EGO-Promotion

Andi Rottler hat von einer Ausrichtung von Multivan-Merida auf die Olympischen Spiele 2016 gesprochen. Ist das realistisch für Dich?
Ja, nehme ich mir schon vor. Wenn ich davon ausgehe, dass wir drei Startplätze haben, dann werden wahrscheinlich Mani (Fumic), Moritz (Milatz), Schulle (Markus Schulte-Lünzum), ich und vielleicht noch der (Christian) Pfäffle darum kämpfen. Wer weiß, wer noch dazu kommt. Es wird aber nicht mehr so sein, dass du einfach ein Top-15-Fahrer bist und dann automatisch dabei bist. Nicht wenn es so weiterläuft mit uns allen. Eigentlich ist das schon cool, wenn man drum kämpfen muss, wenn man weiß, dass man eine starke Nation ist. Mein Ziel ist es auf jeden Fall. Es sind noch drei Jahre.

Wie kommst du eigentlich prinzipiell mit Druck-Situationen zu Recht?
Eigentlich schon gut. Es war ja auch dieses Jahr der letzte Drücker, dass ich die Form gekriegt habe. Ich musste bei der WM gut fahren. Ich denke, es war schon ein Argument, dass ich den Vertrag bekommen habe. So habe ich mir das zumindest vorgestellt und mich entsprechend unter Druck gesetzt.

Dass du dich bei der WM das ganze Rennen so konzentrieren konntest, war das dem Spezialfall durch den Sturz geschuldet oder kannst du das sowieso?
Ich kann es immer mehr, würde ich sagen. Das war klar, in dem Fall bist du hundert Prozent weil du merkst, es geht immer weiter vor, nicht nachlassen und so. Es war schon ein Spezialfall, klar. Aber wenn ich vorne dabei bin, damit komme ich jetzt besser klar als noch vor einem Jahr. Letztes Jahr hatte ich noch meine Probleme zur Hälfte des Rennens, wo ich eingebrochen bin. Gut starten konnte ich schon immer.

Ist das ein körperliches Problem?
Nein, glaube nicht. Eher mental.

Was geht da in einem vor? Geht es darum, dass man weiter zieht, auch wenn’s weht tut?
Ja, das ist der Punkt. Weiterfahren, auch wenn es weh tut. Am Ende des ersten Drittels vom Rennen, da tut es allen weh. Da musst du einfach weiterfahren. Den Eindruck habe ich.

Cool: Der Sportdirektor rennt und feuert an

 

Nimmt Ralph eigentlich Einfluss am Streckenrand? Versucht er dir Impulse zu geben?
Ja, macht er schon. Bei der WM hat er mir auch Tipps gegeben, aber wenn man in einer Gruppe ist, dann ist es auch schwierig, weil die anderen das ja mitkriegen. Wenn ich gut im Rennen bin, sagt er was. Wenn ich hoffnungslos hinten bin, dann ist er ruhig.

Bräuchte man da nicht auch Ansprache?
Ah, ich finde es schon besser, wenn er dann ruhig ist. Es ist natürlich ein Unterschied ob du gut drauf bist und wegen Defekt hinten rumfährst oder ob es einfach nicht läuft. So wie in Val di Sole, wenn es nicht will, dann ist es besser man sagt nichts. Betreuer sollen schon schreien, finde ich, aber von Ralph erwarte ich das nicht. Der soll lieber ins Bett liegen und sein eigenes Rennen vorbereiten (lacht). Wenn es gut läuft, hilft es schon wenn er nur da steht. Dann muss er nicht viel sagen.

Aber wenn du angefeuert wirst, das hilft dir schon?
Ja, auf jeden Fall. In Pietermaritzburg ist Sportdirektor Patrick Moster am zweiten Berg gestanden und ist nebenher gerannt und hat uns angefeuert. Das hat er bei allen gemacht. Dass er nicht als Offizieller dabei ist und sich unten auf den Stuhl setzt, das fand ich cool. Und hat mir extrem viel geholfen, was er mir gesagt hat. Er war ja selbst erfolgreicher Trainer.

Was hat er denn gesagt?
Dinge, um mich positiv zu stimmen. „Nicht locker lassen“ und so weiter. Das hat mich echt überrascht und gefreut.

Er war hinterher auch offensichtlich beeindruckt von Deiner Aufholjagd. Du hast ja alles riskiert und bist auch in den Steinfeldern an den Konkurrenten vorbei gefahren.
Ja, in der ersten Runde habe ich im ersten Steinfeld einen überholt…

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1. Runde WM Pietermaritzburg: Julian Schelb auf dem Weg nach vorne. ©Marius Maasewerd/EGO-Promotion

…der dann gestürzt ist..
..ja, da gibt es Bilder davon. Im Prinzip war schon ich schuld daran. Ich weiß es nicht mehr so genau, aber ich glaube, er hat oben brutal gebremst vor dem Steinfeld und ich bin schnell von hinten gekommen. Dann war ich daneben und konnte nicht mehr reagieren. Danach überlegst du kurz, war das notwendig. Im zweiten Steinfeld, dem Tree House (der berüchtigte Rock Garden), habe ich in der ersten Runde auch zwei Fahrer überholt. Es ging nur darum, in jede Lücke reinfahren, die es gibt.

Kein Gedanke daran, dass du überziehen könntest?
Nein, wenn du Letzter bist, dann brauchst du da nicht drüber nachdenken, dann fährst einfach. Verlieren kannst du nicht mehr, nur noch gewinnen. Als ich dann vorne war, auf zwei, da habe ich Gas raus genommen. Bergauf bin ich schon noch voll gefahren, aber bergab nicht mehr riskiert. Da hätte ich mich ja extrem aufgeregt, wenn ich mir das noch kaputt gemacht hätte. Als es in die letzte Runde rein gegangen ist, hatte ich 1:30 Minuten Rückstand, da war eh nichts mehr drin. Bei 50 Sekunden vielleicht, aber so.

Martin Gluth ist ja auch mit dir gestürzt. Ist er eigentlich vor Dir wieder weg gefahren?
Minimal. Ich habe mich erst mal extrem aufgeregt, als ich am Boden lag. Dann habe ich mich umgedreht und Martin ist da gestanden. Dann war es erst einmal geteiltes Leid, es war nicht mehr so schlimm dann (lacht).

Obwohl es eigentlich doppelt so schlimm war.
Ja, dann denkst halt, mein Gott. Dann schaust du schon, dass du zusammen wieder vorkommst. Aber dann musste man hinten ja viel hoch laufen in der ersten Runde. Da hat halt einer mal fünf da überholt und der andere da. Als es oben aus dem Zick-Zack rausging, da konnte Martin nicht mehr mitfahren.

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