Marathon-WM Singen: Lokomotive Kulhavy, Supertalent van der Poel und Geburtstagskind Lakata

FOTO | Die Gruppe der Verfolger bei der EM 2015. Alban Lakata vor Tiago Ferreira. Beide gehören am Sonntag in Singen zu den WM-Titelkandidaten  ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

Wer wird der 15. männliche Marathon-Weltmeister der MTB-Historie? Diese Frage ist vor den Weltmeisterschaften in Singen so offen wie kaum einmal zuvor. Es lassen sich bestimmt zehn Namen zu Tage fördern, darunter natürlich auch Jaroslav Kulhavy, Mathieu van der Poel und Alban Lakata. Aber es gibt noch mehr. Blicken wir uns im Lager der Herren mal um.

 

Den Namen Mathieu van der Poel (Beobank-Corendon) hört man relativ häufig, besonders oft natürlich aus dem Benelux. Dort trauen sie dem Supertalent alles zu und nicht zu unrecht. Was der eigentliche Cyclo-Cross-Spezialist durch seine Siege auf der Straße und seinen Weltcup-Auftritten gezeigt hat, ist schon phänomenal. Schließlich ist er ja erst 22 Jahre alt.

Mag sein, dass das sein größtes Handicap ist: die fehlende Erfahrung. Oder die Erfahrung, die ihm Leute wie Jaroslav Kulhavy (Specialized Racing) oder Alban Lakata (Topeak-Ergon) voraus haben.

Über Kulhavy muss man nicht mehr viel debattieren. Jeder weiß, dass man dem Tschechen auf den Flachpassagen kaum Paroli bieten kann. Und davon gibt es auf den zweimal 49 Kilometer im Hegau einige. Wenn die Lokomotive mal dampft, dann ist sie kaum noch aufzuhalten.

Ein Stück Textil als Geburtstags-Geschenk für Lakata?

Daher sollte das nicht mehr passieren, was 2015 bei der EM zur Entscheidung geführt hat. Kulhavy

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Das Ausreißer-Trio 2015, von hinten: Sascha Weber, Jaroslav Kuhavy und Kristian Hynek ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

kam nach einem Singletrail gemeinsam mit Landsmann Kristian Hynek (Topeak-Ergon) und Sascha Weber (jetzt Craft-Rocky Mountain) im Schlepptau zu einem frühen Zeitpunkt weg.

„Das wird auch nicht mehr passieren“, ist sich Alban Lakata sicher. Er hielt sich zugunsten von Teamkollege Hynek damals zurück, was dieses Jahr aber nicht zu erwarten ist. „Ich werde keine Lücke aufgehen lassen“, kündigt der Vize-Weltmeister des Vorjahres an, der in Singen bereits dreimal gewonnen hat. Es sei denn er selbst ist auf der richtigen Seite der Lücke.

Der Ost-Tiroler wird am Sonntag übrigens 38 Jahre alt. So ein Stück Stoff mit Regenbogen-Streifen wäre da sicherlich das liebste Geschenk, das man ihm nicht mal verpacken müsste.

Lakata glaubt nicht daran, dass es zehn Fahrer sind, die den Titel gewinnen können. „Eher fünf oder sechs. Es hat hier immer ein bestimmter Fahrertyp gewonnen“, meint der zweifache Weltmeister.

Einer, der auf Flachpassagen Tempo machen und die kürzeren Anstiege mit Power drüber drücken kann. So wie er selbst, Kulhavy, van der Poel oder auch Sam Gaze (Specialized Racing) , mit dem er sich Vorjahr bis zum Zielstrich duellierte. Gaze sagt klipp und klar „Die WM ist mein Highlight dieses Jahr“ und er ist selbstbewusst genug, um auch an einen Sieg zu glauben.

Titelverteidiger Tiago Ferreira aus Portugal auch zu auf dem Kurs im Hegau gut auszusehen. Oder auch Daniel Geismayr (Centurion-Vaude), der sich in prächtiger Form befindet und gezielt auf ein solches Profil vorbereitet hat. Womit wir schon bei einem Kandidaten-Sextett wären.

 

Kristian Hynek ist eigentlich einer für die langen Anstiege, aber er hat 2013 in Singen Bronze gewonnen und hätte er 2015 im Spitzentrio fahrend nicht Probleme mit dem Schuh gehabt, dann wäre noch mal Edelmetall herausgesprungen. „Die Strecke liegt mir nicht, aber ich weiß wie man dort fahren muss und an welchen Stellen die Entscheidung fällt“, sagt der Tscheche. „Verraten werde ich das aber nicht“, fügt er mit einem Lachen hinzu.

Einen Italiener (Ragnoli, Ferraro, etc.) haben wir jetzt auch noch nicht genannt. Oder Henrique Avancini (Cannondale Factory Racing), der die Unterstützung von Manuel Fumic genießt. Vielleicht eher unwahrscheinlich, dass sich der Brasilianer am Ende des Tages das Weltmeister-Trikot überstreift, aber als Medaillengewinner wäre er auf diesem Kurs schon denkbar.

Lotterie? Zufalls-Weltmeister?

Dass man etwas Glück benötigt, darüber ist man sich aber einig. Das Glück im richtigen Moment die Gruppe des Tages zu erwischen. Aber eine Lotterie? Nein. Einen Zufalls-Weltmeister wird es kaum geben. „Dafür gibt es zu viele steile Rampen, an denen man besonders auf der zweiten Runde die Entscheidung herbei führen kann“, sagt einer, der es wissen muss. Tim Böhme, als Singener Junge der Lokalmatador schlechthin, kennt den Hegau wie seine Westentasche. Und 2800 Höhenmeter sammeln sich trotz der Flachpassagen trotzdem an.

Mal anders herum: War Tiago Ferreira 2016 in Laissac nicht auch ein gutes Stück weit ein Überraschungs-Weltmeister? Für sich selber war er das zumindest. Und Periklis Ilias 2012? Kann sein, dass es in Singen am Sonntag (Start der Herren 10:20) viel weniger überraschend zugeht.

 

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