Nadine Rieder: 100 Prozent Sport und glamouröse Nebensachen

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Nadine Rieder bei ihrem Bundesliga-Sprint-Sieg in Wombach. Inzwischen gibt es Erfolgsmeldungen aber nicht nur vom Eliminator ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

Im August wurde Nadine Rieder (AMG-Rotwild) Deutsche Meisterin im Sprint. Es war ihr vierter Deutscher Meister-Titel, nach dreien im Nachwuchs-Bereich. Im Interview mit acrossthecountry.net erzählt sie, wie es zum Foto mit Nico Rosberg kam, warum Albstadt 2013 ein markanter Punkt in ihrer Karriere war und wie sie sich die nächsten beiden Jahre vorstellt.

Auf Erfolge im Elite-Bereich musste Nadine Rieder nach gesundheitlichen Problemen lange warten. Nach einer Unterbrechung der Aufwärtstendenz durch Eisenmangel im Jahr 2014, zeigte in dieser Saison die Kurve der 26-Jährigen aus Sonthofen deutlich nach oben. Auch im Cross-Country, wo sie mit einen 25. Platz beim Weltcup in Val di Sole und einem Sieg beim BMC Racing Cup in Muttenz aufhorchen ließ. Jetzt hat Nadine Rieder die Weichen für den nächsten Schritt gestellt.

ACC: Nadine, Du bist im Trainingslager auf Mallorca, aber am vergangenen Wochenende warst Du in Stuttgart bei Stars and Cars in der Mercedes-Benz Arena. Das lässt zumindest ein Foto mit Formel-Eins-Pilot Nico Rosberg schließen. Wie kam’s dazu?
Nadine Rieder: Das kam über unseren Team-Sponsor Mercedes AMG zustande. Einem saudischen Prinzen sollte dort eins der limitierten Rotwild GT S Bikes überreicht werden. Man hat mich gefragt, ob ich das machen würde und es hat sich gelohnt extra aus dem Trainingslager hinzufliegen. Es war eine schöne Veranstaltung und auch die After-Show-Party war klasse. Der DTM-Fahrer Dani Juncadella hat das Rennen gewonnen und den kannte ich schon und so bin ich auch mit Nico Rosberg ins Gespräch gekommen. Dani hat ihm erzählt, dass ich Mountainbikerin bin, aber der wollte das gar nicht glauben (lacht).

Warum denn nicht?
Er meinte, ich hätte keine muskulösen Beine (lacht). Aber es hat sich dann ein Gespräch entwickelt und Nico Rosberg war sehr interessiert. Die trainieren viel auf dem Rad.

Inzwischen tauchst Du öfter mal bei solch, auch glamourösen Anlässen auf.
Ja, das wird immer mehr. Am Sonntag habe ich ein Fitness-Shooting für She’s Mercedes, wo ich dann auch für Frauen Tipps geben soll.

Macht Dir das Spaß?
Ja, ich mach’ das gerne. Mittlerweile mache ich aber nur noch Sachen, die gut reinpassen.

Kann man damit Geld verdienen?
Ja, die Shootings sind ein schöner Nebenverdienst.

Könnte sich das zur Hauptsache entwickeln?
Der Radsport steht ganz klar im Vordergrund. Ich habe mich deshalb auch für zwei Jahre beurlauben lassen. Radsport ist mein Fokus, das andere wie es reinpasst.

Etwas von dem „anderen“ ist auch Dein Engagement für Bormio. Wie kam es dazu?
Ich war mal dort zu einem Rennrad-Shooting. Dann kam auf einmal im Juli, als ich auf dem Weg zur EM nach Italien war, ein Anruf vom Tourismus-Chef in Bormio. Sie würden mich gerne als Testimonial haben. Ich bin hingefahren, wir haben gesprochen und sind uns einig geworden. Für mich ist das super. Ich mache Werbung für sie, unter anderem mit dem Logo auf dem Trikot und kann immer hin zum Training.

Bormio ist bis jetzt noch nicht so bekannt als MTB-Destination.
Stimmt, aber da gibt es tolle Trails. Rund um das Stilfser Joch kann man bis 3000 Meter hoch fahren. Das wollen sie jetzt mehr publik machen.

Du sagtest, Du hast Dich von Deinem 50-Prozent-Job im Rathaus in Sonthofen für zwei Jahre beurlauben lassen.
Ja, die Stadt hat angeboten, mir das zu ermöglichen. Seit ich mit Günther Hartung (arbeitet am Olympiastützpunkt Oberstdorf) zusammenarbeite, merke ich, dass ich wieder an meine alte Form anknüpfen kann. Das Training ist abwechslungsreich, auch mit beispielsweise

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Allrounderin Nadine Rieder auf dem Weg zum überraschenden Sieg in Muttenz, ihrem ersten bei einem C1-Rennen. ©Erhard Goller

Schwimmen oder Laufen. Die Zusammenarbeit läuft sehr gut. Mit dem Job nebenher war es teilweise schon stressig, vor allem wenn man montags nach den Rennen gleich wieder zur Arbeit muss. Auch Trainingslager waren schwierig, da ich meine Urlaubstage für die Rennen aufsparen musste.

Ohne Deinen Job, kannst Du Dich so finanzieren?

Ja, das kann ich. Das war gut durchdacht und sonst hätte ich mich auch nicht dafür entschieden es so zu machen.

Was muss passieren, dass Du nach zwei Jahren sagst, das hat sich gelohnt?
Eine Medaille bei der Cross-Country-DM und da anknüpfen, wo ich mit dem 25. Platz im Val di Sole aufgehört habe. Das soll kein Ausreißer nach oben gewesen sein, sondern ich will das bestätigen und auch in der Weltrangliste noch weiter nach vorne kommen. Wenn ich dann mal weiter vorne starten kann, ist vielleicht auch mehr möglich.

Wirst Du alle Weltcups fahren, auch den zum Auftakt in Australien?
Das steht noch nicht fest. Erst mal fahre ich Zypern, dann im Mixed mit Nizaam Esa das Cape Epic. Der war schon auf dem Podium und will schon seit zwei Jahren mit mir fahren…und gerne gewinnen.

Weltranglisten-Punkte gibt’s im Mixed aber keine.
Nein, aber seine Sponsoren übernehmen alles für mich und wir haben eine komplette Betreuung. Ich kann es als gutes Training nutzen. Wenn die Form dann gut ist, überlege ich mir nach Cairns zu fliegen.

Du bist schon Etappenrennen gefahren?
Ja, das Cape Pioneer, die Transalp und auch die Trans Germany. Das liegt mir eigentlich auch ganz gut.

Deine Sport-Geschichte ist speziell. Als Schülerin und U17-Fahrerin dreimal Deutsche Meisterin und dann Rückenprobleme. Ein Jahr praktisch ganz ausgesetzt und sich dann ganz, ganz langsam wieder herangekämpft. Gab es da auch mal einen Punkt, an dem Du alles in Frage gestellt hast?
Ja, ich war schon nah’ am Scheitern. Der Wille war zwar immer da und ich wusste von früher, dass ich es eigentlich kann. Manchmal war es trotzdem schwer, auch mental. Aber meine Eltern standen immer hinter mir und ich hatte Glück mit den Teams. Da hat nie jemand Druck gemacht.

Gab es einen Moment, an dem das Gefühl entstand, ich kann es schaffen?
Ja, der dritte Platz beim Weltcup-Sprint in Albstadt. Den habe ich ohne spezielles Training erreicht, das war völlig unerwartet. Da wusste ich, die Veranlagung ist da und ich war ja dann auch die ganze Saison fast immer in den Top-Ten. Da wusste ich, es lohnt sich dran zu bleiben.

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Nadine Rieder auf dem Weltcup-Podium in Albstadt. Der dritte Platz im Sprint gab Selbstvertrauen. Von links: Cecile Ravanel, Kathrin Stirnemann, Alexandra Engen, Nadine Rieder und Jenny Rissveds ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion


Du bist Deutsche Sprint-Meisterin, aber im Weltcup gibt es die Disziplin nicht mehr.

Ich bin nicht so traurig, dass es keinen Sprint-Weltcup mehr gibt. Die Doppelbelastung am Wochenende war schon enorm und Cross-Country war mir immer schon wichtiger. Der Sprint war als Sprungbrett aber wichtig und hat mir Selbstvertrauen gegeben.

Was war für Dich entscheidend, dass Du im Cross-Country auch wieder den Anschluss finden konntest.
Ich denke, das lag viel am Training. Ich habe vorher nie so mit Struktur bzw viel trainiert (lacht). Aber diese Reserven kommen mir jetzt zugute. Vorher habe ich mich im Training nie so richtig ausbelastet. Vermutlich ist das der Grund, dass es nun relativ schnell vorwärts geht. Mein Körper kannte das gar nicht, aber ich mach’ das gerne und habe viel Spaß beim Training. Durch meine Rückenprobleme war ich auch immer vorsichtig. Im Internat war das damals wohl zu viel, daher kam wahrscheinlich auch das mit dem Rücken. Aber ich bin froh, dass es so war. So konnte ich feststellen, dass ich ganz ohne Sport nicht sein will. Jetzt habe ich sehr viel Freude dabei und das ist sicher auch ein Schlüssel zum Erfolg.

Wie stellst Du Dir denn die kommende Saison vor?
Ich möchte meinen Titel im Sprint verteidigen und im Weltcup unter die besten 25, wenn es gut läuft auch mal die Top 20 knacken. Aber eigentlich nehme ich mir keine bestimmten Platzierungen vor, sondern möchte einfach versuchen alles zu geben und schauen wie weit es dann nach vorne reicht.

Du bist Sprint-Meisterin, hast im Cross-Country Anschluss und auch im Marathon schon gute Ergebnisse erzielt. Trifft es zu, wenn man Dich als Allrounderin bezeichnet?
Ja, ich denke, ich bin eine Allrounderin. Wie oben erwähnt kann ich auch Etappenrennen gut fahren und auf der Straße bin ich auch schon gefahren.

Das heißt, Du hast auch streckenmäßig keine Präferenzen?
Nein gar nicht und auch das Wetter stört mich nicht. Es kann heiß sein oder regnen, ganz egal.

Für einen WM-Einsatz im Cross-Country hat es noch nicht gereicht. Nachvollziehbar?
Ja, mit den Ergebnissen ist es schon zu erklären. Trotzdem fand ich schade, dass ich die WM in Andorra nicht fahren durfte. Meine Form im Cross Country wurde konstant besser, ich habe kurz vorher das C1 Rennen in Muttenz gewonnen und war für den Sprint ja sowieso vor Ort. Aber okay, es gibt halt die Normen.

Kalkulierst Du damit, dass Dich der Bundestrainer auf dem Zettel hat?
Nein, ich rechne mit nichts mehr (lacht). Wenn ich gut fahre, wird er mich schon registrieren und wenn es dann so ist freue ich mich umso mehr.

Nadine, vielen Dank für das Gespräch.

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