UCI-Athletenkommission: Lukas Flückiger will Athleten-Meeting einführen

FOTO | Athleten-Vertreter Lukas Flückiger will die „Bike-Familie“ wieder mehr beleben ©Andreas Dobslaff/EGO-Promotion

Die neu formierte und vergrößerte Athleten-Kommission hat zum ersten Mal getagt und die in den USA lebende Tschechin Katerina Nash zur Vorsitzenden gewählt. Der Schweizer Lukas Flückiger hat für die Cross-Country-Fraktion einen Sitz in der Kommission*. Im Interview mit acrossthecountry.net spricht er über diese erste Sitzung, seine ersten Eindrücke,  seine Ziele in seiner Funktion und am Ende auch über seine sportlichen.

 

Lukas, die neue Athleten-Kommission der UCI hat zum ersten Mal getagt. Wie würdest Du Deine Eindrücke zusammenfassen?

Es war auf jeden Fall spannend. Ich hatte ja keine Ahnung, was mich erwarten würde. Wir haben einen tieferen Einblick in die UCI bekommen, in das, was sie in Aigle sonst noch machen, außer den Weltcup und die WM zu organisieren. Zum Beispiel auch in die Zusammenarbeit mit der WADA (Welt-Antidoping-Agentur). Das war wegen der Aktualität durch die positive Probe von Christopher Froome (Tour-de-France-Sieger) natürlich ein extremes Thema.

Peter van den Abeele (Offroad-Koordinator der UCI) hat die zwei Tage geleitet, der neue UCI-Präsident (David Lappartient) war teilweise anwesend und hat die verschiedenen Themen und Visionen für seine Präsidentschaft vorgestellt. Und im dritten Abschnitt sollte jeder Athlet die drei wichtigsten Punkte nennen, aus der eigenen Disziplin oder übergreifend, die er gerne diskutieren und verändern möchte. Mein Eindruck dabei war: mal abgesehen von der Straße, geht es uns im Mountainbike recht gut.

Welche waren Deine drei Punkte?

Jeder hatte natürlich mehr als drei Dinge, die ihm am Herzen liegen. Aber manches hat sich auch mit den Wünschen von anderen Kommissions-Mitgliedern gedeckt, wie zum Beispiel Doping und das Preisgeld. Deshalb habe ich drauf verzichtet das zu nennen…

…und hast stattdessen welche eingebracht?

Eine Sache ist die mit dem Short Track Race, das dieses Jahr in den Weltcup eingeführt wird. Ich wünsche mir, dass man das nicht schon wieder nach einem oder zwei Jahren wegkippt. Sondern, dass die Kritik dann zusammen getragen wird und aus den Vorschlägen konstruktiv was gemacht wird. Ich habe das Gefühl, viele sehen das kritisch, weil es nach dem Zeitfahren Anfang 2001 und zuletzt dem Eliminator schon der dritte Versuch ist. Ich denke, das ist eine sehr gute Sache, aber wir als Athleten sind gefordert da mitzumachen und zukunftsorientiert nach Verbesserungen zu suchen.

Hast Du das Gefühl, dass die Leute in der Szene die Dinge zu kritisch sehen?

Konstruktive Kritik ist ja gut, aber wenn wir im Weltcup ein Starterfeld von 160 Fahrern haben, kein Einziger davon interessiert sich für die Mitarbeit in der Athleten-Kommission und ich bin der einzige Mann, der sich aufstellen lässt, das hat mich schon nachdenklich gemacht.

Es wird aus Deiner Sicht also zu viel kritisiert und zu wenig gemacht?

Ja. Als die Einführung des Short Track bekannt wurde, war da keine Stimmung, ‚hey, das ist cool’ oder so. Aber ich denke, das muss wachsen und das Reglement dann mit. Das Konzept hat sicher mehr Potenzial eines Tages olympisch zu werden als der Eliminator, weil es kein Spezialistentum fördert. Aber wir müssen uns engagieren, damit sich das richtig entwickeln kann.

Und Dein zweiter Punkt?

Wir haben aktuell das Problem, dass die Hersteller das Marketing-Budget in das eBike-Segment verlagern. Aber warum soll der Sport für das eBike-Segment nicht interessant sein. Wir können eBikes auch im Cross-Country promoten. Seit diesem Jahr ist es ja nicht mehr erlaubt, eBikes im Training auf der Strecke zu benutzen. Dadurch wird uns die Chance genommen, die Produkte unserer Sponsoren zu präsentieren.

Julien Absalon hat mit seinem neuen Team zum Beispiel Moustache eBikes als Sponsor. Mit dem Vorstoß bin ich allerdings auf Kritik gestoßen. Einerseits weil das Thema Motor im Radsport ziemlich heikel ist und zweitens weil man sich aus Swiss Cycling heraus für das Verbot stark gemacht hat. Was ich nicht wusste.

Und was war Dein drittes Anliegen?

Wir haben beim Weltcup in den Start-Boxen oft ein Chaos, weil viele Leute dort ihre Rolle stehen haben und so viele Betreuer rumstehen. Wenn man 15 Minuten vorher kommt, hat man oft keinen Platz mehr, es ist überfüllt und eine nervöse Stimmung. Aber das Thema hatte die UCI wohl schon auf dem Radar. Kann sein, dass man künftig keine Rollen mehr in die Start-Boxen nehmen darf.

Mit Maja Wloszczowska hast Du ja noch ein weibliches Pendant für Cross-Country in der Kommission. Was hat sie eingebracht?

Ihr ging es darum, dass die persönlichen, bzw. Team-Sponsoren künftig geschützt werden, bzw. dass klar ist, was der Verband bei WM und Olympia besetzen darf und was nicht. So dass so was wie in Schweden mit Jenny Rissveds nicht mehr vorkommt. Dann waren ihr Verbesserungen im Anti-Doping-Kampf wichtig und die Sicherheit auf Rennstrecken, speziell für die Frauen, zum Beispiel bei Sprüngen.

Katerina Nash habt Ihr zur Kommissions-Präsidentin (siehe UCI-PM) und damit zu Eurer Vertreterin im UCI Management-Komitee gewählt. Sie ist zwar Vertreterin der Cyclo-Cross-Athleten, aber gleichzeitig ist sie ja auch Mountainbikerin.

Das stimmt. Wir Offroad-Athleten haben uns im Vorfeld schon abgestimmt, um einen Vertreter von uns zum Präsidenten zu machen. Das hat dann auch geklappt.

Gab es einen Konkurrenten für Katerina?

Ja, den Paracycler Colin Lynch.

 Katerina Nash und David Lappartient_by UCI
Zwei neu Gewählte: Die Präsidentin der UCI-Athleten-Kommission Katerina Nash und UCI-Präsident David Lappartient ©UCI

Habt Ihr schon einen konkreten Fahrplan für Dinge, die Ihr anpacken wollt?

Nein, so weit sind wir noch nicht. Wir haben bei der UCI erst mal unsere Themen hinterlassen. Aber für mich ist klar, dass ich einen Pool schaffen will, damit ich eine Rückkoppelung mit den Sportlern unserer Disziplin habe.

Was heißt das konkret?

Ich stelle mir vor, dass es zwei bis dreimal im Jahr ein Athleten-Meeting gibt. Am besten an den Weltcups, aber erst nach den Rennen. Davor will sich ja niemand Zeit nehmen. In Stellenbosch könnte das erste stattfinden, wenn ein großer Teil vermutlich sowieso nicht gleich nach Hause fliegt. Bisher konnte ich ja mit den Leuten noch gar nicht sprechen. Ich will ja nicht alleine dastehen, sondern die Sportler vertreten. Und zwar nicht nur die Top-Athleten, sondern auch die aus der zweiten und dritten Reihe. Ohne die Masse können wir da vorne auch nicht leben.

Du hast eingangs gesagt, dass es Dich nachdenklich stimmte, dass sich außer Dir kein anderer Mann zur Wahl gestellt hat. Fehlt es Dir bei Deinen Kollegen am Engagement?

Bisher schreien alle und kritisieren, aber niemand macht etwas. Ich bin selber nicht unbedingt der Macher, aber ich habe das Gefühl, dass wir Nachholbedarf haben.

Hast Du Dich deshalb zur Wahl gestellt?

Nachdem Leitwölfe wie José (Hermida) und Ralph (Näf) ihre Karriere beendet haben, fehlt was. Sie konnten alle zusammen reißen, ich bin mit diesen beiden Leuten groß geworden. Ralph meinte zu mir: da kannst du mal was bewirken, das fand ich interessant. Wenn man schon von der Bike-Familie spricht, sollte das auch gelebt werden. Oder sagen wir: wieder mehr gelebt werden. Ich werde versuchen alle wieder näher zusammen zu bringen und die Ideen und Themen zu bündeln. Wir sollten nicht nur reagieren, sondern schauen, wo wollen wir den Hebel ansetzen und gemeinsam Lösungen suchen.

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Will bei der WM in Lenzerheide um die Medaillen kämpfen: Lukas Flückiger ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

Wenn wir uns schon sprechen, sei noch die Frage nach Deiner sportlichen Karriere erlaubt. Du bist vom BMC Racing Team in das Team von Ralph Näf gewechselt. Was erwartest Du Dir in der Saison 2018?

Ich erhoffe mir, zurück in die Erfolgsspur zu finden, nachdem ich zwei Jahre nicht mehr auf der Welle geschwommen bin. Ich hoffe, dass ich im Weltcup wieder regelmäßig in den Top Fünf zu finden bin.

Wäre das bei BMC nicht gegangen?

Ich hatte einfach das Gefühl, dass mir nach sechs Jahren, sechs tollen Jahren, eine Veränderung gut tut. Der Wechsel hat mehr mit meinem Bruder (Mathias) und mit Ralph zu tun und nicht damit, dass es bei BMC nicht gut war. Die Ergebnisse in den letzten beiden Jahren hat bei mir das Erlebnis etwas getrübt, aber die Zeit mit BMC, die Unterstützung der Sponsoren, war immens. Sie waren immer sehr unterstützend, sehr loyal, das war perfekt. Etwas Vergleichbares zu finden ist schwer.

Bei Ralph weiß ich aber haargenau was ich habe: einen guten Freund im Rücken, der mich immer unterstützt und ich habe meinen Bruder, mit dem ich in den vergangenen Jahren nicht mehr so viel unterwegs war. Mit dieser Konstellation will ich wieder in die Top Fünf und in der Lenzerheide um eine WM-Medaille mitfahren. Das ist ein hochgestecktes Ziel, aber nicht übertrieben, wenn ich sehe, dass ich nach einem solchen Jahr wie diesem an der WM in Cairns wieder Sechster werden konnte.

Lukas, vielen Dank für das Gespräch!

 

*Die UCI Athleten-Kommission setzt sich folgendermaßen zusammen

BMX Freestyle: Nina Buitrago (USA)
, Ryan Nyquist (USA),

BMX Racing: Laura Smulders (NED) Liam Phillips (GBR)

Cyclo-Cross: Katerina Nash (CZE), Simon Zahner (SUI)

Hallenradsport: Flavia Zuber (SUI), Patrick Schnetzer (AUT)

Cross-Country: Maja Wloszczwoska (POL), Lukas Flückiger (SUI)

Downhill: Myriam Nicole (FRA), Greg Minaar (RSA)

Para-Cycling: Sarah Storey (GBR), Colin Lynch (IRL)

Straße
: Marianne Vos (NED), Bernhard Eisel (AUT)

Bahn: Kristina Vogel (GER), Kenny De Ketele (BEL)

Trial : Tatiana Janickova (SVK), Kenny Belaey (BEL)

 

 

 

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