Weltcup Nove Mesto Nachgedreht: Franzosen, Letten, Norweger und ein Kollaps

FOTO |DIE Szene des Herren-Rennens: Links Daniel McConnell am Boden und rechts Matthias Stirnemann. Beiden war die Kette gerissen. Und dahinter kam es zu einer Massen-Karambolage ©Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion

Der sechste Weltcup in Nove Mesto ist Geschichte. Schöne Geschichte. Ein Fest, wieder einmal. Vor allem auch für die Franzosen. Und die Letten. Nicht für alle Neuseeländer. Man sah eine der fulminantesten Aufholjagden der letzte Jahre. Und einige andere Auffälligkeiten, die hier noch nicht geschrieben standen. Der Weltcup in Nove Mesto Nachgedreht.

 

Erst mal ein paar Zahlen und Auffälligkeiten:

Bei den Herren hatte die Hälfte der Top-Ten einen französischen Pass. Julien Absalon (BMC Racing), Maxime Marotte (Cannondale Factory Racing), Jordan Sarrou (BH-Sr Suntour-KMC) und Titouan Carod (BMC Racing) in seinem allerersten Elite-Weltcup belegten die Plätze drei bis sieben.

Nur ein Schweizer erreichte die Top-Ten, wenn es mit Nino Schurter (Scott-Sram) auch der Sieger war. Der Zweitbeste war Reto Indergand (BMC Racing) auf Position 14. Einen Trend daraus abzuleiten, wäre sicherlich zu früh. Lars Forster (BMC) hatte sich beim Start-Crash an der Hand verletzt, Mathias Flückiger- siehe unten – und Matthias Stirnemann (Scott-Sram) war ja mit Kettenriss auch nicht in der Lage mitzukämpfen. Zudem fehlte Florian Vogel (Focus XC) mit Knie-Verletzung. Kann also auch wieder anders werden.

Die Letten kommen. Nicht nur, dass in der U23 Martins Blums (ZZK) Zweiter wurde, auch in der Elite-Kategorie fiel ein Lette auf: Teamkollege Arnis Petersons fuhr als 20. über die Ziellinie.

Anton Cooper (Trek Factory Racing) is back. Nach einem durch Polypen verdorbenen Olympia-Jahr, knackte der U23-Weltmeister von 2015 erstmals die Top-Ten. Er wurde Neunter.

Anne Tauber (Habitat MTB Team) mischte einen Tag nach ihrem 22. Geburtstag in ihrem ersten Elite-Weltcup gleich munter mit. Lange kämpfte sie um Rang zehn, um schließlich als Elfte als U23-Fahrerin einen grandiosen Einstand in die Weltcup-Saison zu geben.

Erstes Elite-Weltcup-Podium für Yana Belomoina (CST Sandd American Eagle), erstes Weltcup-Podium für die Ukraine. WM-Dritte war sie schon, Rekordsiegerin in der U23 ist sie auch, aber noch nie in den Top-Fünf im Elite-Weltcup.

Erster männlicher norwegischer Weltcupsieger seit Rune Höydahl 1998 in Napa Valley. Petter Fagerhaug gewann zwar „nur“ in der U23, aber immerhin.

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Ein französisches Quartett von vorne: Julien Absalon, Jordan Sarrou, Stephane Tempier und Maxime Marotte ©Lynn Sigel/EGO-Promotion

Mathieu van der Poel (Beobank-Corendon) hat eine der fulminantesten Aufholjagden der vergangenen Jahre hingelegt. Der Niederländer hatte die Startnummer 90 am Lenker und fuhr als Achter über die Ziellinie. Dabei hatte er nach Startrunde und Runde eins bereits 2:47 Minuten Rückstand auf Nino Schurter. Im Ziel waren es 2:51. Das heißt: den Rest des Rennens fuhr der Ex-Weltmeister im Cyclo-Cross praktisch so schnell wie der Olympiasieger.

Dabei lief es bei van der Poel alles andere als rund. Er konnte Teile seiner Schaltung nicht mehr gebrauchen und verzeichnete zwei Stürze.

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Sam Gaze (Specialized Racing) verschwand etwa nach der Hälfte der Distanz von der Bildfläche. Kurz zuvor hatte der Neuseeländer, der in Nove Mesto im Vorjahr U23-Weltmeister geworden ist, die schnellste Runde hingelegt und sich von Platz 25 auf 16 verbessert.

Ob das der Auslöser war? Jedenfalls erlitt Gaze einen Kreislaufkollaps und wurde in die Klinik gebracht. Auf Instagram wollte er keine näheren Ausführungen machen. „Ich könnte hier sitzen und über mein Unglück klagen. Aber das ändert nichts“, schreibt er.

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Thomas Litscher (jb Brunex Felt) erwischte wieder einmal einen hervorragenden Start und lag an der Spitze des Feldes. Er dosierte dann sein Tempo etwas, spürte aber da schon, dass er „keinen Druck geben“, konnte. Litscher klagte im Ziel darüber, dass er im Becken „verklemmt“ gewesen sei. „Das musste ich erst einmal richten“, so Litscher. Drei Runden lang kämpfte er und fiel bis Platz 22 zurück.

Am Ende war es Rang 21. „Zum Schluss ging es dann“, so Litscher. „Ich glaube, da wäre heute mehr drin gewesen.“

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Mathias Flückiger (Radon Factory XC), ein potenzieller Podiumskandidat, lag zu Beginn auf Rang drei, am Ende stand allerdings die 31 vor seinem Namen. „Keine Ahnung, ich habe mich energielos gefühlt. Das war noch nie so in diesem Jahr“, sagte Flückiger. Um dann hinzufügen: „Ich hatte die letzten Tage auch Magen-Darm-Probleme.“ Kein Wunder, dass keine Energie da war.

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Wolfram Kurschat (Kurschat Consulting) verkaufte sich mit seiner Startnummer 114 auffällig gut. Dabei spielte dem ältesten Starter im Feld in der Start-Crash sogar in die Karten Er wurde zwar aufgehalten und musste um gestürzte Fahrer herum fahren, doch der Effekt war für ihn positiv. „Durch den Crash hat es das Feld gleich auseinander gerissen und es war einfacher Positionen gut zu machen“, berichtete Kurschat. Sofern man die Wucht dazu hat.

So war er nach der Startrunde bereits 61. und fuhr fortan gelassen und ohne Stress durch die Reihen. „War ganz gut, glaube ich“, zog er nach Platz 42 zufrieden Bilanz.

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Moritz Milatz (Kreidler Werksteam) landete lediglich auf 45. Am Tag danach regierte der Sarkasmus beim Freiburger. „So spät wie ich gekommen bin, wäre mir beim Abbau ja fast der Zielbogen auf den Kopf gefallen“, kommentierte Milatz.

Er wurde von der Startkarambolage zwar auch aufgehalten, sie in punkto Startplatz allerdings „Null auf Null“ herausgekommen.

Aber. „Als ich in der zweiten Runde eigentlich hätte loslegen können, da ging es nicht“, sagte Milatz. Die Ursache für die schlechte Verfassung? „Ich weiß es nicht wirklich. Vielleicht hätte ich nach dem Infekt auf das Rennen in Gedern verzichten sollen“, meinte er. „Aber hinterher ist man immer schlauer.“

Ob er in Albstadt aus seiner schlechten Startposition heraus überhaupt antreten soll, das überlege er sich noch. Vor allem weil die Überholmöglichkeiten in Albstadt nicht so gut sind wie in Nove Mesto.

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Für Markus Schulte-Lünzum (Focus XC) war das Rennen im Grunde schon nach 100 Metern gelaufen. Als Matthias Stirnemann (Scott-Sram) und Daniel McConnell nahezu zeitgleich die Kette reißt, wird er in die Bande gedrückt. „Ich konnte mich zum Glück auf dem Rad halten“, erzählt Schulte-Lünzum.

Weit hinten im Feld musste er ein erhofft gutes Ergebnis schon abhaken. „Ich fand nicht die passende Einstellung zur neuen Rennsituation“, bekannte der Deutsche Meister. Und nach einem Plattfuß in Runde zwei beendete er das Rennen.

„Ich hoffe, dass sich mein Frust und der Unmut über mich selbst am nächsten Sonntag in Albstadt in extra Motivation umwandelt“, meinte Schulte-Lünuzum.

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Es geht noch besser: Alessandra Keller ©Irmo Keizer

 

Von Alessandra Keller (Radon Factory XC) war man im Vorjahr schon Top-Ten-Ergebnisse gewohnt, obschon sie ja erst im zweiten U23-Jahr war. Dass sie am Samstag 16. wurde, kam da fast schon einer kleinen Enttäuschung gleich. Bis etwa zur Hälfte des Rennens war sie auf Top-Ten-Kurs, doch dann kam ein „Leistungsloch“ und sie musste ihre Gruppe ziehen lassen.

„Das war sicher nicht das Optimum, es geht noch besser. Aber fahre erst das zweite Jahr Elite und bin im vorletzten U23-Jahr“, versucht sie das kritisch einzuordnen.

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Jolanda Neff (Kross Racing) stürmte in der Startrunde Linda Indergand (Focus XC), musste dann aber Farbe bekennen. Am Ende war es Platz 18. Was es dazu zu sagen gibt? „Ganz einfach: die Form ist noch nicht da“, nahm sie das Ergebnis scheinbar gelassen. Das Studium zollt Tribut.

Dass sie in ihrer Situation vielleicht etwas verhaltener angehen könnte, das wehrte sie ab. „Der schnelle Start war ja noch das einzig Gute. Ich glaube nicht, dass ich weiter vorne wäre, wenn ich langsamer losfahren würde.“

 

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